cycling the world | Der Radreiseblog

Polen / Belarus / Ukraine Immer entlang der Grenzen!

Im Nationalpark fahren wir ohne Kontakt zu den Wisenten eine herrliche Strecke durch den Urwald. Viele kuchentellergroße Pilze konnten wir am Wegesrand ausmachen, da ich nur zu 80% Pilzkenntnisse habe und Uwe meinte, alle verstrahlt durch Tschernobyl, haben wir sie stehen lassen und wohl auch deshalb überlebt. Danach war es bei manchen  Streckenabschnitten ziemlich anstrengend. Üble Sand- und Wellblechpiste. Das strengt so richtig an, da man wenig auf die Umgebung achten kann, sondern beide Hände am Lenker und den Blick auf die Piste gerichtet haben muss um die beste Fahrspur zu finden. Ab und zu zieht es die Reifen einfach seitlich weg, da der Sand zu locker ist und man die Spur nicht mehr halten kann. Am Tag zuvor war es anders anstrengend, wir hatten lecker Mittagessen und dazu Bier. Wir können aber berichten, beide Tage machen die Beine lahm, nur Bier macht ein schöneres lahmes Bein 🙂

Mit dem Gedanken, bald am Tagesziel zu sein, haben wir uns am Sonntag schön Zeit gelassen. Sind kurz eingekehrt, haben mit einem netten Radler gesprochen und mal gut zwei Stunden in Mielnik vergehen lassen. Lt. Green Velo Radweg fahren wir noch ca 11 km, nehmen dann eine Fähre und setzen über den Fluss Bug, wo wir unweit der Fährstelle einen Campingplatz finden sollen. Der weitere Verlauf des Flusses ist gleichzeitig auch die Grenze zu Belarus. An der Fähranlegestelle angekommen, liegt die Fähre hinter uns im Feld und scheint nicht erst gestern dort platziert worden zu sein. Auf der anderen Seite des Flusses sehen wir den Campingplatz. Das scheint wohl heute und die nächsten Jahre nichts mehr zu werden mit der Überfahrt! Da wir nicht weiter östlich fahren können, denn dort liegt bereits Belarus, bleibt uns nichts anderes übrig, als wieder zurück zu fahren. Über die Grenze würden wir natürlich sehr gerne, vor allen Dingen sind wir so nahe an Brest, welches wir uns gerne ansehen würden, aber ein Grenzübertritt ist uns im Moment nicht erlaubt. Zudem haben wir gelesen, wir müssen uns immer mindestens 15 Meter von der Grenze fernhalten.

Wir fahren die 11 Kilometer zurück zu einer anderen Fähre, überqueren nun endlich den Fluss und finden einen sehr netten Campingplatz. Zu der Fähre sei noch gesagt, dass sie zwei Autos pro Fahrt transportieren kann und drei Mann für den Betrieb erforderlich sind. Sie wird an einem Seil mit Muskelkraft und Strömung bewegt. Am Campingplatz sind wir ein bisschen geplagt von feiernden Gruppen, die wir irgendwie auf jeden Zeltplatz anziehen. Am Montag, bei der Weiterfahrt, haben wir zu unserer linken Seite immer den Fluss Bug in dessen Mitte die belarusische Grenzlinie verläuft, welcher wir noch einen Tag folgen, bevor wir an die Grenze zur Ukraine kommen.

Fährenantrieb

Irgendetwas hat sich verändert! Waren die Polen im Nordosten eher sehr zurückhaltend und wollten wohl mit Neugierde nicht unhöflich erscheinen, sind die Menschen im südöstlichen Polen offener. Wir werden doch ab und zu nach unserem weiteren Weg gefragt oder woher wir kommen. Die Dorfbewohner sprechen uns an und Grüßen uns von sich aus. Leider klappt es ja mit unseren Sprachkenntnissen nicht sehr gut, aber ein paar Brocken deutsch oder englisch geht immer. Wir freuen uns sehr darüber! Die Dörfer sind oft wirkliche Schmuckstücke. Alte traditionelle Holzhäuser, an deren vier Ecken des Hauses farbliche Holzverzierungen angebracht sind und auf jedem Hof gibt es einen Brunnen mit einem Eimer. So manche Neubauten werden in gleicher traditioneller Bauweise wieder im Dorfkern errichtet. Toll, wenn man diese alte Tradition weiter führt. Wenn dann noch eine alte Dame mit Kopftuch und Kittel auf der Straße steht, ist das Klischee perfekt.

Tradition auf eine ganz andere Weise, erleben wir kurz vor Terespol. Ein Panzer mitten in einem Waldstück, aufgebaut auf einer Plattform. Macht ein bisschen Gänsehaut! Eine weitere „Attraktionen“ bietet uns ein alter Mähdrescher, mit dem klangvollen Namen „Fortschritt E 512“. Auch einer anderen Zeit entsprungen.

Montag Abend haben wir uns ein Hotel gebucht, schön mit Garten, ein wenig im mediterranem Stil. Es soll mal wieder Regen geben! Direkt an die Grundstücksgrenze wird der Containerumschlagsbahnhof Europort auf einer Fläche von 130.000 qm gebaut. Was für ein krasser Gegensatz.

Über Kirchen in Polen könnte man schon einen eigenen Bericht verfassen!

Die Grenze zu Belarus haben wir am heutigen Dienstag so nah wie bisher noch nicht beradelt. Keine 30 Meter steht das Hinweisschild zum Grenzbezirk von uns entfernt. Ich mache ein Foto und fühle mich schon fast, als würde ich etwas unerlaubtes tun. Im nächsten Ort können wir dann auch die offizielle Grenzestation sehen, allerdings ist die breite Straße Menschen- und Fahrzeugleer. Im Moment ist keine Grenzüberschreitung von Polen aus möglich. Am Abend erreichen wir unser nächstes Dreiländereck. Diesmal sind es die Grenzen von Polen zu Belarus und der Ukraine. Was man mit einem Rad so alles erleben kann :-). Das haben wir uns auch bei Anja gedacht! Sie ist Belgierin und zieht im Anhänger ihren altersschwachen Hund hinter sich her. Anja war nach fast 2000 Kilometer die erste Radreisende, die angehalten hat um sich mit uns zu unterhalten. Sie ist voll beladen und das resultiert auch aus dem Spezialfutter, den ihr 15 Jahre alter Hund benötigt. Zwei große Packtaschen voller Hundefutter. Das muss erst mal bewegt werden können. Eine sehr nette Begegnung!

Den morgigen Donnerstag verbringen wir in der Stadt Chełm, die auch durch Kreidebergbau bekannt war. Die Chełm Chalk Tunnel sind ein System von Tunneln unter der Stadt welche zum Zweck des Kreideabbaus im Mittelalter errichtet wurden und im 19. Jahrhundert eingestellt wurden. Die Tunnel dienten den Einwohnern von Chełm auch als Unterschlupf bei Überfällen, Kriegen und Plünderungen. Insgesamt erstreckt sich das Tunnelnetz über rund 15 Kilometer.

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Ein halber arbeitsreicher Pausentag in Białystok

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Flach war gestern, wunderschön ist immer! Chełm – Zamość – Przemyśl

  1. Ilona

    Ich lese eure Berichte immer wieder gerne. Ich wünsche euch weiterhin eine gute Fahrt, keine Defekte, gute fahrbare Untergründe, beste Gesundheit und natürlich ganz viel Spaß.
    Liebe Grüße
    Ilona

    • Liebe Ilona, schön dass du und begleitest😀 und Danke für die guten Wünsche, können wir alle super gebrauchen. Liebe Grüße zurück🚴‍♂️🚴‍♀️👍

  2. Elke und Thomas H.

    Haha, die Belgierin mit dem Hund haben wir heute auch gesehen. Und mit mit einem jungen radreisenden Polen gesprochen, der über die Belgierin erfahren hat, dass auch zwei Deutsche mit dem Fahrrad auf dem Green Velo in Richtung Süden unterwegs sind. Der Green Velo ist halt ein Dorf, in dem jeder jeden kennt. Viele Grüße von eurer Nachhut, die euch im Abstand von 2-3 Tagen folgt

  3. Karin Zuraw

    Euch eine schöne Weiterreise, Respekt für Anja🐾👍🚴‍♀️ Liebe Grüße Karin
    >

    • Zum Glück weiß Anja noch nicht, das die Straßen nicht so gut bleiben, wie sie bisher für sie waren. Somit glaubt man jeden Tag, morgen wird es besser. Respekt hatten wir auch, sie zieht ja nochmals viele Kilogramm mehr als wir!

  4. marga u. Dieter

    Hallo ihr Beiden.
    Ein toller Bericht, voll mit Info und schönen Bildern, weiterso wir sind neugierig!!

  5. Klaus Hofmann

    Sehr schöner und informativer Reisebericht mit tollen Fotos.
    Macht weiter so!
    Weiterhin gute Reise und viel Glück.

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