cycling the world | Der Radreiseblog

Vier Tage, vier Länder! Polen 🇵🇱, Slowakei 🇸🇰, Ukraine 🇺🇦 Ungarn 🇹🇯 – und viel erlebt!

Es ist Sonntagmorgen und da gibt es auch in der Ukraine wenig Verkehr auf den Straßen. In den Kirchen sehen wir zu dieser Zeit jedoch viele Gläubige. Wir sind froh, aus Чжгород / Uschgorod so verkersarm geleitet zu werden. Zu ein paar seltsamen Wegen navigiert uns unser Navi, welche wir sofort wieder verlassen und lieber die Hauptstraßen nehmen. Sehenswert sind die kleinen Bahnwärterhäuschen an den Straßenübergängen. Mit schönen Vorhängen an den Fenstern, gemütlich, klein und vor allen Dingen besetzt von einer Schrankenwärterin! Sie hat das Kommando über große und kleine Übergänge. Sie winkt einen auch schon mal durch, obwohl die Schranken noch geschlossen sind. Uns ist es recht, wir fahren gerne weiter.

Unser kleiner Abstecher in die Ukraine sollte heute eigentlich ganz entspannt über die Bühne gehen. Wir sind auf dem direkten Weg zur Grenze nach Ungarn und fröhlicher Dinge, da der vorhergesagt Regen bisher ausgeblieben ist. Die Straßen sind zum Teil sehr anstrengend für uns, da die von Elke und Thomas bereits angekündigten Spurrinnen nun auch sehr deutlich unseren Weg beschwerlich machen. Der Strassenbelag ist oft sehr löchrig und der Asphalt schob sich durch tiefe Spuren zu Haufen und Wellen an den Rand. Dies bedeutet für uns, wir müssen ziemliche Schlangenlinien  fahren. Ein paar Kilometer weiter gibt es tollen neuen Asphalt und es rollt sich herrlich…. bis wieder alles von vorne beginnt! Es scheint jedoch mit der Infrastruktur der Straßen vorwärts zu gehen, wir durchqueren viele Baustellen. Was auffällt ist der große Bestand an alten Lada Fahrzeugen. Viele sicherlich über 30 Jahre alt, gerade noch fahrtüchtig und meist voll beladen.

Nach ca. 30 km kommen wir zur Grenze, schlängeln uns an vielen LKW mal links, mal rechts vorbei, mal zwischen ein paar Autos, an wartenden Personen, Kindern, Hunde und einem Grenzbeamten, der uns nach vorne weiter winkt, vorbei. Das geht ja prima bis zu dem Augenblick in dem wir an der Grenzschranke das Schild keine Durchfahrt für Fahrräder 🚳 sehen. Kann ja nicht sein und kann ja wohl nicht für uns gelten. Währenddessen sich Uwe nach unserer selbstverständlichen Weiterfahrt erkundigt, spreche ich mit ein paar wartenden Autofahrern in der Schlange und erfahre, sie warten bereits seit über 13 Stunden hier am Grenzübergang. Keiner kann sagen, an was und wem es denn liegt, dass nichts vorwärts geht. Uwe erfährt in der Zwischenzeit, keine Durchfahrt für uns möglich! Eine freundliche und sehr hilfsbereite Grenzbeamtin welche zum Seuchenschutzteam gehörte und mit Schutzkleidung umherlief, half Uwe einen passenden Grenzübergang zu finden. Die anwesenden Wartenden wünschten uns viel Glück und dies gaben wir gerne zurück. Irgendwie hatten wir das Gefühl, obwohl es für uns hier kein Weiterkommen geben wird, sind wir doch in einer komfortableren Lage. Wir können handeln, sie stecken in einer endlosen Schlange fest und müssen ausharren. Mit einem weiteren Grenzbeamten diskutieren wir noch unsere Möglichkeiten evtl mit der Bahn oder mit einem Linienbus ( diese werden auf eine separaten Spur geleitet und wohl etwas schneller abgefertigt) über die Grenze zu kommen. Zwei Busse, welche in dieser Zeit an uns vorbei rollen, lassen sich jedoch nicht aufhalten und der Grenzbeamte macht es leider auch nicht für uns. Eine Bahnverbindung gäbe es nicht! Zum Glück finden wir immer freundliche Menschen um uns, die die Übersetzung ins englische übernehmen.

Wir haben ca 50 km Umweg zu bewältigen und müssen an einen Grenzübergang,  der „nur“ zwei kleine Dörfer verbindet. Unterwegs fällt uns ein, es ist Sonntag und wir haben nicht gefragt, ob dieser auch heute und wie lange, geöffnet ist. Viele kleine Grenzübergang sind nur stundenweise geöffnet. Egal, wir haben ein Zelt und irgendwas wird sich schon ergeben. Zudem steht geschätzte weitere 15 km nochmals ein Grenzübergang zur Verfügung. Na gut das wären dann schon 65 extra Kilometer!!! Etwas beruhigt sind wir einige Zeit später (etwa 20km vor erreichen der Grenze), denn es kommen uns immer wieder Ungarn entgegen, wenn sie nicht alle zufällig hier sind, können sie ja nur von der Grenze kommen. Um die fröhliche Stimmung ein wenig zu trüben, habe ich mal wieder einen Platten. Leider können wir die Ursache nicht finden, setzen einen neuen Schlauch ein und es geht weiter. Die Grenze ist geöffnet und wir können uns erneut an einer Schlange von Autos nach vorne drängeln. Just in dem Moment, als wir unter dem schützenden Grenzdach stehen, geht ein heftiger Regenschauer über uns hinweg. Lucky us! Wir sprechen mit einem Deutsch-Ukrainer, welcher bereits seit 5 Stunden wartet. Für ihn und seine Frau, sei es nicht so das Problem aber für die Kinder, die keinen Platz zum Spielen haben, ist es schon sehr grenzwertig. Anzumerken ist noch, dass es keine Sanitäranlagen für die Wartenden gibt. Wir kommen relativ schnell über die Grenze der Ukraine,  bekommen einen Ausreisestempel und nur für uns wird die Schranke geöffnet. Es tut uns für die Familie leid, welche sicher noch Stunden dort verbringen wird, zudem wird die Grenze um 18:45 Uhr geschlossen. Im Niemandsland überholen wir wieder unzählige wartende Autos und stoßen auf eine Gruppe von Fußgängern und Radfahrern die uns anzeigen, wir mögen uns hier mit anstellen. Nebenan sitzen unter einem Zeltdach zwei ungarische Beamten zu denen Uwe auch geht und nach dem weiteren Vorgehen fragt. „Wait here“! Die wartende Schlange versucht uns das Vorgehen zu erklären, jedoch spricht keiner englisch. Mit Händen und Füßen angezeigt, verstehen wir die Gruppe trotzdem! Immer wieder versuchen sie mit uns ins Gespräch zu kommen und es tut uns mal wieder unendlich Leid, das wir Ihre Sprache nicht sprechen. Ca 10 min haben wir zu warten, dann geht es im Pulk an die Grenzstation der Ungarn. Es werden alle Pässe eingesammelt und erneut heißt es warten. Zwischendurch wird unser Gepäck nach Zigaretten und Alkohol durchsucht. Man lässt sich Zeit, wen interessiert es, dass ca 100 Meter zurück Familien fast verzweifeln. Irgendwann wünscht man uns gute Fahrt und wir sind in Ungarn. Hat ja nur unzählige Kilometer und viel Zeit gekostet!

Wir sind froh, dass alles so gut geklappt hat und die Grenze auch tatsächlich geöffnet war. Was für ein Ritt! Die Struktur der Dörfer ändert sich sofort wieder. Die Häuser in Ungarn haben nicht mehr diesen „morbiden Charme“ man merkt, die wirtschaftliche Situation der Menschen ist viel besser. In beiden Ländern stehen vor den Häuschen kleine Bänke, dort trifft man sich, plaudert, sieht dem Verkehr zu, wundert sich über zwei Radfahrer mit Gepäck, winkt und lächelt uns freundlich zu. Auf einsamen Straßen fahren wir endlich zu dem Ort, den wir schon vor Stunden erreichen hätten können. Eine plötzliche Flussüberquerung mit Fährfahrt überrascht uns. Irgendwie haben wir das auf unserer Karte übersehen. Kurz bevor die Fähre anlegt, fällt uns ein, wir haben überhaupt kein ungarisches Geld zur Verfügung. Mit Google Translate ist dies dem Fährmann schnell erklärt und er verlangt einen Euro von uns. Passt! Jetzt geht’s voran, da kommt der nächste Plattfuß. Wieder Sabines Hinterrad. Wir haben keine Lust den Schlauch zu wechseln und hoffen uns bis zum Ziel mit ein paar Mal Aufpumpen retten zu können. Ein wenig nervt es, aber wir erreichen die Unterkunft letztendlich fast platt. Nach einem Bier und Essen, können wir uns dem Problem annehmen und finden nun endlich den Übeltäter: ein kleiner Glassplitter!

Am Montag haben wir erneut fast 100 km, mit viel Gegenwind und die Beine noch lahm, wird der Tag zäh. Morgens geht es schon mit voller Regenmontour los. Was für ein blöder Start und lt. Wetter-App wird es nicht besser. Glücklicherweise schaffen wir es aber immer wieder den Regenwolken zu entkommen und bleiben fast trocken. Da freuen sich unsere Radlerherzen. Abends haben wir ein Date mit unseren ersten Warmshowers-Host in Hajdúsámson und dort warten auch unsere warmen Schlafsäcke auf uns. (DANKE Martina für den Versand!) Die beiden Dünneren werden zur Strafe nach Hause geschickt .

Kurz vor unserem Ziel, wir fahren durch ein von Armut geprägtes Dorf, ragen hinter besagtem Dorf, zwei riesige Bauten empor. Völlig surreal stehen dort zwei Hotels. Wir sind ob der Gegensätze, fast sprachlos! Die Häuser an der Zufahrtstraße drohen vor Baufälligkeit einzustürzen.

Und vor dem Tor sammeln die Menschen auf, was andere nicht mehr benötigen!

Unbedingt erwähnen möchten wir die Liebenswürdigkeit der Menschen und vor allem von Szabó István. Ihn haben wir in einem Supermarkt kennengelernt und er wollte über unsere Tour, Kilometer, Räder, Namen, alles wissen. Hat sich sofort über Facebook mit unserem Blog verbunden und ließ sich ein Foto mit uns nicht entgehen. Eine Stunde später hat er uns den Facebook-Beitrag über uns geschickt!

Köszönöm István a szép találkozót 🙂

Alles in allem, waren es wieder klasse Erlebnisse und keines möchten wir missen, auch wenn es manchmal für Außenstehende unverständlich ist, wir lieben diese Tage!

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  1. Elke und Thomas H.

    A bisserl neidisch sind wir schon auf euch, dass ihr von Polen aus weiterfahren konntet, während wir die Heimreise angetreten haben. Aber der berufliche Alltag daheim hat auch seine interessanten Seiten. Die gleichen Erfahrungen wie ihr haben wir seinerzeit auch mit ukrainischen Grenzübergängen gemacht. Durch zweimalige Zurückweisung an Grenzübergängen, die nicht für Radfahrer bzw. Ausländer freigegeben sind, wurde unsere Tagesetappe von Uschgorod nach Kosice die längste, die Elke jemals gefahren ist. Wir hoffen, dass auch ihr endlich das sonnige spätsommerliche Wetter bekommt, das ihr euch verdient habt.

    • Bitte nicht neidisch sein, die nächste Tour kommt bestimmt 😀.
      Und was die Ukraine betrifft, wir hätten nicht so viel zu erzählen, hätten wir es nicht gemacht. Es war aufregend und anders, auch wenn es nur eine kurze Begegnung war. An solche Begebenheiten denkt man immer wieder gerne zurück! Fröhliche Grüße und es ist gut zu hören, dass ihr wieder gut zuhause angekommen seid!

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