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Rumänische Grenzpolizei greift uns auf!

Im Moment begehen wir Länderhopping! Ungarn, Rumänien,  Ungarn und Rumänien! Die Einfahrt in die zweitgrößte Stadt Ungarns Debrecen hat uns nicht so gefallen. Wie eben große Städte ( hier sind 200.000 Einwohner schon Großstadt ) so sind. Um so mehr waren wir überrascht, wie schön die Innenstadt gestaltet ist. Um Zeit zu überbrücken, setzen wir uns in die Fussgängerzone, machen ein kleines zweites Frühstück und beobachten das Treiben. Ohne große Anstrengung bringen wir zwei Stunden rum. Wir wollen einen Tag Pause machen und warten auf den Zugangscode für unser gebuchtes Appartement. Nachdem wir einen Tag vorher unsere wärmeren Schlafsäcke erhalten haben, soll es nach dem Pausentag endlich wieder zu den Campingplätzen gehen. Unseren „Day off“ schlendern wir durch die schöne Altstadt von Debrecen.

Debrecen in Ungarn

Donnerstag, 02.09.2021 geht es weiter über die Grenze nach Rumänien, ein Land welches wir noch nie beradelt haben. Am Ende des Tages haben wir mehr als 90 km auf dem Tacho, die wir komplett auf Fahrradwegen fahren konnten. Nun, ein kleines Hindernis gab es tatsächlich. Der Radweg war an einem Kreisel einfach aufgebuddelt und endete somit abrupt. Er verlief  bis dahin entlang der Gegenfahrbahn, nun mussten wir über die zweispurige stark befahrene Straße entgegen der Fahrtrichtung auf den Mittelstreifen kommen, dort in den Kreisverkehr einfädeln, fahren bis wir wieder in die Gegenrichtung gelangen, um uns dort vor einem LKW die Böschung hinab auf dem Radweg zu schlängeln. Überlebt!

Die Grenze zu Rumänien ist für uns einfach zu überqueren. Nachdem wir an einer langen LKW-Schlange vorbei zogen, geht es schnell. Der Grenzbeamte hatte jedoch noch ein paar Fragen bezüglich unserer Route und ob wir diese komplett mit dem Fahrrad zurück gelegt hätten. Nachdem wir ihn über unsere Route informierten wünscht er uns eine gute Reise. Oradea wird unser erstes Ziel in Rumänien und wir fahren zu einem Campingplatz der an einem Hügel in der Stadt gelegen ist. Ordentliche 12% Steigung zum Schluss. Wir treffen seit langer Zeit mal wieder Touristen, zwei deutsche Motorradfahrer. Wir freuen uns richtig auf Camping und unsere Schlafsäcke wärmen uns bei 10° Grad in der Nacht klasse.

Über Oradea haben wir uns im Vorfeld überhaupt nicht informiert. Deshalb sind wir umso mehr überrascht, als wir die Stadt kurz durchradeln. Am Abend lesen wir über die beeindruckende Geschichte dieser Stadt nach und nehmen uns am nächsten Tag mehr Zeit um die schönen Bauten zu bestaunen. Eine sehr sehenswerte Stadt, welche man auf keinen Fall verpassen sollte.

Oradea in Rumänien

Ca 80 km stehen an. Wir werden wieder nach Ungarn fahren, da es dort in erreichbarer Entfernung einen Campingplatz geben wird. Fröhlich fahren wir aus der Stadt und kommen relativ schnell an den Randbezirk von Oradea. Da wir seit vielen Tagen mit unsere Routenplanung einverstanden sind, checken wir auch heute nicht den Weg. Irgendwann musste es ja mal geschehen, wir stecken auf einem Feldweg im aufgeweichten Boden so fest, daß wir die Reifen von Dreck befreien müssen, damit sie sich überhaupt wieder drehen können. Es fühlt sich an, als ob jemand einen Stock in die Speichen stecken würde und die Sohlen an unseren Schuhen werden auch immer dicker. Gefühlt sind wir schon 10 cm gewachsen. Ein Pferdegespann weicht uns aus und wünscht oder warnt etwas auf rumänisch, was wir leider nicht verstehen, wir bedanken uns aber freundlich und lächelnd. Seltsam ist es schon, in der Stadt schöne Cafés, Restaurants, nette Geschäfte und hier auf dem Land kommt uns ein Pferd mit altem Anhänger als Fortbewegungsmittel entgegen! Ein paar hundert Meter müssen wir noch überbrücken bis wir wieder auf einer Straße ankommen. Nachdem wir unsere Schuhe wieder auf eine normale Höhe gebracht haben und all den Schlamm unter der Sohle entfernt hatten, geht es auf einer Teerstrasse weiter und bei schnellerer Fahrt, fliegen uns die Dreckstücke welche noch am Reifen kleben, nur so um die Ohren. Zwei mal müssen wir noch Anhalten, um etwaige Reste zu entfernen. Danach gleiten wir  entspannt dahin, da es in den Dörfern viel zu sehen gibt und wir deshalb abgelenkt von den noch zu fahrenden Kilometer sind. Uns fällt auf, dass es unendlich viele Nussbäume gibt und die Straßen mit Pflaumenbäumen bepflanzt sind. Anhalten, Pflaumen pflücken, essen, weiter! Wo man bei uns in Deutschland Apfelbäume findet, findet man hier Pflaumenbäume.

Aufgeweicht vom Regen, klebt alles an unseren Reifen fest!

Um wieder nach Ungarn zu kommen, wollen wir über eine „grüne“ Grenze, machen uns aber im Vorfeld nicht wirklich Gedanken darüber oder checken den Weg. Der Routenplaner hat es geplant, wird schon passen. Je näher wir kommen, desto mehr fällt uns auf, dass es vielleicht keine Straße mehr geben wird. Egal ein Waldweg tut es ja auch. Als wir noch ein wenig näher kommen, sehen wir nur noch einem Feldweg vor uns. Passt immer noch. Als der Feldweg eher zur kleinen Wiese mit Gestrüpp wird und die Grenze durch einen kleinen Graben davon getrennt ist, sind wir schon so weit gefahren, dass umkehren keine Option mehr darstellt. Zu zweit müssen wir ein Fahrrad durch den Graben schieben und ein klein wenig illegal fühlt es sich auch an, hier von Rumänien wieder nach Ungarn einzureisen. Dass die grüne Grenze so grün sein wird, haben wir uns nicht vorgestellt, aber wir machen uns weiter darüber keine Gedanken, wir sind ja in Europa, da gibt es doch keine Grenzkontrollen mehr! Und schon stehen sie da, die rumänischen Grenzbeamten. Rufen uns zurück, Filmen uns, und telefonieren sofort mit wem auch immer. Uwes Rad müssen wir sofort zurückbringen. Wir erklären ohne uns zu verstehen, sie auf Rumänisch und wir in Englisch, was wir hier machen. Wir versuchen meist eine abgelegene Straße zu wählen und auch den kürzeren Weg zu bevorzugen, das hat hier offensichtlich nicht geklappt. Unseren Personalausweis nehmen sie uns erst einmal ab, um alles zu dokumentieren. Als die beiden Herren abgelenkt sind, schalte ich dann doch auch mal meine immer noch aufnehmende Kamera aus. Einer der Beamten verschwindet erst einmal mit unseren Personalausweisen im Dienstwagen, welchen wir von unserem „Wiesenplatz“ nicht sehen können. Der zweite Herr telefoniert immer wieder und nur Bruchstücke davon können wir verstehen. Wir glauben, sie haben schon verstanden dass wir keine illegalen Einwanderer sind, sondern nur zwei seltsame Deutsche die in mitten von Gestrüpp stehen und doch nur auf die andere Seite des Grabens wollen um nach Ungarn einzureisen. Sehr freundlich erklären sie uns, wo wir denn nun hinfahren müssen um einen legalen Grenzübergang zu finden. Ca 25 km Umweg! Sie wünschen uns mit „Habe die Ehre“ und „auf Wiedersehen“ eine gute Weiterfahrt und müssen selbst über uns lachen. Nach einem gemeinsamen Foto hatten wir uns dann aber doch nicht getraut zu fragen. Uwe findet natürlich wieder eine Abkürzung, allerdings weit genug von der Grenze entfernt, denn wir sind sicher, man beobachtet unser Treiben genau! Er macht aus 25 km Umweg, dann nur noch einen 15 km Umweg! Etwas unverständlich ist es uns schon, weshalb wir aufgehalten wurden. Gut, der Weg war jetzt vielleicht nicht gerade der Optimalste, aber wir sind innerhalb der EU und wir haben doch keine Grenzkontrollen mehr zu erwarten. Oder?

Somit bereiten wir uns auf den legalen Grenzübertritt vor. Da wir nicht wissen, was uns nun an der Grenze erwartet, bin vor allem ich doch sehr angespannt. Uwe macht noch ein paar Witze, die ich aber so gar nicht spaßig finde. Natürlich hat er recht, was soll uns schon großes bevorstehen? Evtl. werden wir zurecht gewiesen, man hält uns fest und wir müssen alles nochmals erklären oder wir müssen Strafe bezahlen! Ich habe im Gedanken, illegaler Grenzübertritt ist kein Kavaliersdelikt! Die Ausreise aus Rumänien findet auf unserer Seite quasi nicht statt und ca 100 Meter weiter stehen die Ungarn bereit für uns, argwöhnisch beobachte ich sie, aber sie sind freundlich und wollen wissen ob wir aus Deutschland bis hierher mit dem Rad gekommen sind, ob wir E-Bike haben oder nicht, und wohin wir fahren wollen. Ich kann das Luft anhalten beenden, alles scheint gut für uns zu laufen. Fröhliche Weiterfahrt, wir müssen nicht ins Gefängnis 🙃 und Übernachten auf dem Campingplatz in der geschichtsträchtigen Stadt Gyula. Aber um ehrlich zu sein, hier hat wirklich jede Stadt eine unglaubliche interessante Geschichte zu erzählen. Im Nachhinein erfahren wir, daß Rumänien nicht im Schengenraum vertreten ist und wir tatsächlich einen illegalen Grenzübertritt begangen haben. Nun erklärt sich auch das „Polizeiaufgebot“ und erst Recht unsere Dummheit! 😅

Die Burg in Gyula aus dem 15. Jahrhundert

Auf den Wegen begegnen uns immer wieder kleinen Schweinefamilien. Anfangs sind wir noch etwas zurückhaltend, da wir nicht wissen, wie sie mit ihrem herumlaufenden Nachwuchs auf uns reagieren, aber scheinbar ist deren Leben auf der Straße normal. Schon ein bißchen eine andere Welt in der wir uns gerade befinden. Eine sehr freundliche und interessante Umgebung. Kurz vor der Grenze finden wir nun endlich auch ein Feld auf dem Melonen wachsen und eine kleine können wir uns mitnehmen. Die Saison ist leider schon vorbei.

Kurz bevor wir in Arad ankommen, wir sind wieder in Rumänien, fängt Uwes Rad wieder entsetzlich zu Knacken an. Leider sind alle Radläden bereits geschlossen und wir müssen bis Montag hier warten. So können wir nicht weiter fahren. Es ist mal wieder die Hinterradnabe, welche wir ja bereits in Polen notdürftig reparieren ließen. Unsere Unterkunft ist in einer schöneren Gegend und darüber sind wir sehr froh, wir haben Straßenzüge gesehen, da wollten wir eher keine Panne haben, diese gibt es wie in jedem Land, natürlich auch hier. Slums wäre sícher die richtige Bezeichnung mit brennenden Tonnen, schlafenden Menschen auf den Straßen, Kinder notdürftig bekleidet und oft ohne Schuhe. Auffallend ist, dass bereits in Ungarn als auch hier, alle Grundstücke mit hohen Mauern und Zäunen umgeben sind. Es steht fast nie ein Eingangstor oder ein Einfahrtstor offen. Immer ist alles verschlossen. Hinter unserem Eingang, bei unserer Unterkunft, steht ein Feigenbaum mit reifen Feigen und von der Garagendecke hängen rote und weiße Trauben. Ein Träumchen!

Obst in unserer Unterkunft
Arad in Rumänien
Alles mit hohen Mauern umschlossen!
Traditionelle Sonntagskleidung!

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Vier Tage, vier Länder! Polen 🇵🇱, Slowakei 🇸🇰, Ukraine 🇺🇦 Ungarn 🇹🇯 – und viel erlebt!

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Rumänische Kreuzungen sind nicht spannender als andere!

  1. Hartmut Werlich

    Gut dass es keine Folter gab…aber je weiter ihr runter kommt umso spannender wird es

  2. Elke und Thomas H.

    Jetzt habt ihr auch eure Erfahrungen mit der Grenzpolizeit gemacht, so wie wir, als wir direkt an der russischen Grenze zelten wollten und von der polnischen Grenzpolizei aufgegriffen wurden. Hinterher lacht man über solche Erlebnisse der besonderen Art.

    • Wir fragen uns immer noch, wo sie so schnell hergekommen sind. Evtl hat sie ein Autofahrer informiert der uns auf dem Feldweg entgegen kam. Zudem was wäre passiert, wären beide Räder bereits auf der ungarischen Seite gestanden? Wer auf Reisen geht, erlebt was 👍

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