cycling the world | Der Radreiseblog

Kräftige Winde in Montana

Manchmal kommen die Ortschaften ja einfach nicht näher. Bei heftigen Sturm hatten wir zur gestrigen Radfahrt nur ein kleines Dorf passiert in diesem wir mal ein paar Minuten Windschutz bei einer Tankstelle bekamen. Auf der Strecke ist fast kein Baum, Haus, Hütte, Brücke, Senke, Mauer oder einfach irgendetwas, das als Windschutz herhalten könnte. Glücklicherweise hatten wir relativ gutes Wetter dabei. Zur kleinen Pause haben wir uns hinter unsere Räder gesetzt, um ein wenig den Wind abzuhalten. Obwohl wir leicht bergab fahren, müssen wir auch abwärts kräftig in die Pedale treten. Unser Ziel, der Ort Circle, sehen wir ca. 5km vorher, aber gefühlt wird auch dieser vom Wind immer weiter weg gepustet. Wir kommen und kommen nicht näher, glauben wir zumindest. Den Plan auf den Zeltplatz zu gehen, geben wir auf als wir das  Motel „Travellers Inn“ sehen, wir wollen einfach nur noch dem Wind entkommen. Für Mittwoch hätten wir eine Einladung in Wolf Point und 86 km zu radeln. Die Wetter-App zeigt für diesen Tag erneut Sturm, Windböen bis zu 90km/h und Regen. Wir diskutieren ein wenig ob wir losfahren sollen und beschließen dann doch eine weitere Nacht in Circle zu bleiben. Die absolut beste Entscheidung! Es ist ein schrecklicher Tag, die Außenwände unseres Zimmers fibrieren vom Wind, durch die Steckdosen im Zimmer zieht der Sturm, das Wasser in der Toilette bewegt sich von den Böen. Wir sprechen mit Lauren in Wolf Point und wir können auch einen Tag später bei ihr ankommen! An Radfahren war einfach nicht zu denken!

Der Schein trügt! Ums Eck fegt es einen einfach weg!

In Wolf Point kommen wir dann bereits in die High Plains, welche eine Teilregion der amerikanischen Great Plains sind, deren westlichen Teil sie umfassen und die sich etwa vom Westen der Bundesstaaten Nebraska, Kansas und Oklahoma bis an den Fuß der Rocky Mountains erstreckt. Von Ost nach West steigt die Landhöhen der High Plains allmählich von etwa 750 m bis über 1800 m an. Zudem ist Wolf Point der größte Ort in der Fort Peck Indian Reservation, der Heimat von Indianern der Stämme Assiniboine und Sioux. (Wikipedia)

Als ob nichts gewesen wäre, scheint am nächsten Morgen die Sonne und wir sitzen bereits um 7:20 auf dem Rad. Der Wind ist suboptimal aber wir kommen ganz gut voran. Das erste und einzige Dorf zwischen unserem Start und Endpunkt erreichen wir nach 50 km am späten Vormittag. Direkt vor einer geschlossenen Bar besetzen wir zwei gemütliche Stühle und richten uns zum zweiten Frühstück ein, kochen Kaffee und essen Erdnussbutter auf Brot. Den vorbeifahrenden Autos nicken wir relaxt zu, mehr Reaktionen erwartet man von uns auch nicht! Um die Umgebung zu beschreiben, fehlt es mir oft an den passenden Worten, aber man stellt sich im Umkreis von 50 km ein hügeliges Nichts vor und dann ein kleines Dorf mit vielleicht 15 Häusern, einer abgewrackten Bar mit einem großem Schild: Bar, Dancing, Food und am Eingang der Slogan „Hunters welcome“. Gegenüber ein paar alte, verostete Autos in Reihe vor ca 20 Jahren geparkt, welche diesen Platz in dieser Welt nicht mehr verlassen werden. Ein Haus weiter ein verstaubtes Postoffice! Und genau vor dieser tristen aber dennoch sehr typischen Kulisse sitzen wir zur Pause. Was für ein cooler Platz, den wir nach ca einer Stunde leider wieder verlassen, wir haben noch weitere 40 km vor uns.

Kurz vor unserem Ziel Wolf Point erreichen wir die alte Brücke zu Ehren von Lewis und Clark.  Die Lewis-und-Clark-Expedition vom 14. Mai 1804 bis zum 23. September 1806 war die erste amerikanische Überlandexpedition der Vereinigten Staaten zur Pazifikküste und zurück. Ein imposantes Bauwerk über den Missouri-River, das leider nicht mehr befahren werden darf. Wir überqueren den Fluss bereits zum zweiten Mal auf unserer Reise und wollen diesmal eine kleine Pause am Ufer einlegen. Von weitem erkennt Uwe bereits ein Wohnmobil, welches so gar nicht dem amerikanischen Stil entspricht. Als wir näher kommen, erkennen wir ein Plöner Kennzeichen und Uwe ruft laut „moin, moin“! Annika, Johannes und Nele sind seit einigen Monaten und über 30.000km bereits in den USA, Mexiko und Kanada unterwegs und wir freuen uns so sehr, sie zu treffen. Mal wieder Deutsch quasseln, mal etwas anderes als Radgeschichten, mal über Wohnmobil, Auto, unterwegs als Familie und sonstiges sprechen. Sie bieten uns einen Kaffee an und lecker   E i s c r e m e! Ja wussten die drei denn, dass Uwe der größte Eiscreme-Vertilger aller Zeit werden möchte! Schade, dass wir in unterschiedlicher Richtung unterwegs sind, wir hätten gerne noch Zeit miteinander verbringen können.

Annika, Johannes und Nele! Es war so schön euch getroffen zu haben! Habt weiterhin viel Spaß!

Am Abend sind wir bei Lauren über Warmshowers eingeladen und verbringen bei einem leckeren Essen einen sehr interessanten Abend mit vielen unterschiedlichen Gesprächsthemen. Wie bereits erwähnt liegt Wolf Point im Indianerreservat und sie erklärt uns die Schwierigkeiten, die sich im Ort und im Zusammenleben ergeben. Als wir am nächsten Morgen weiter fahren, können wir bereits einen kleinen Einblick davon erhaschen, was sie uns versuchte näher zu bringen.

Lauren, vielen Dank für den schönen Abend!
Und ihr relaxter Hund Schnuffel, der alles ist, nur kein Wachhund!

Freitag fliegen wir über den Asphalt, heute sind wir mal die glücklichen Gewinner und haben den kräftigen Wind von hinten. Die Kilometer rasseln nur so runter und wir beschlossen nach gefahrenen 90 km nur kurz im Supermarkt kaltes Wasser zu kaufen und noch weitere 70 km zu fahren. Als ich aus dem Supermarkt komme, unterhält sich Uwe mit einer jungen Frau. Sie stellt sich als Madelyn vor und hat uns spontan vom Parkplatz aus zum übernachten eingeladen. Sie ruft in dem Motel an, zu dem wir eigentlich noch fahren wollten und erklärt uns, dort hätten wir eh kein Zimmer erhalten und es wäre doch besser, gleich ihr Angebot anzunehmen! Natürlich nehmen wir an und wir dürfen in einem kleinen Haus ganz für uns alleine übernachten. Wir lernen noch ihren Mann Andy kennen, sie zeigen uns das Häuschen und verabschieden sich. Ein wunderbares Pärchen mit einer wunderbaren Gastfreundschaft! Wir sind mal wieder überwältigt von den Menschen! Richtig müde fallen wir abends in Bett! Wir hatten heute 38° auf dem Rad und das macht sehr müde!

Madelyn und Andy! Was für eine Freude für uns, dass ihr uns spontan eingeladen habt! Großartig!
Unser Häuschen für eine Nacht! Dankeschön!
Endlose Straßen und nach der Kuppe kommt die nächste Kuppe!
Und in jedem Dorf ein Wasserturm

Wir haben noch ca. 500 km bis zur Grenze nach Canada!

Fröhliches Wochenende für alle!

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Durch die Badlands nach Montana

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Montana – The Big Sky Country!

  1. Elke und Thomas H.

    Ihr wart ja fleißig mit euren unterhaltsamen und inspirierenden Blog-Berichten, seit wir zuletzt Gelegenheit zum Lesen hatten. Seit heute sind wir wieder von Selbst-Radlern zu Couch-Radlern geworden und haben einige eurer Blog-Beiträge nachzuholen. Wir bewundern eure Energie, mit der ihr euch seit dem Start in New York City über viele Tausend Kilometer den Herausforderungen des Wetters und des Windes gestellt habt.

    • Na eure Herausforderungen waren nicht weniger spannend. Wir hoffen, ihr habt eure Tour genossen?
      Wir biegen nun bald nach Norden ab und sind dann für einige Zeit in Canada, wir freuen uns schon sehr darauf. Dann kommen auch so langsam die richtigen Berge und die Bären näher.

  2. Sandra

    Immer wieder gerne lese ich eure Berichte, um mich in ferner Zukunft selbst auf ähnliche Pfade zu begeben. Danke!!!
    Wünsche euch immer genügend Luft auf den Reifen 🙂

  3. Thomas

    Leieb Windradler,

    Wie immer lese ich mit großer Freude und Teilnahme Eure pointierten Reiseberichte. Und ein bisschen Neid ist auch dabei. Natürlich nicht auf die Winde von vorn, aber Eure Art des Reisen und besonders die vielen tollen Begegnungen und spontanen Aufenthalte bei bis dato wildfremden Menschen. Klasse! So geht es ja sicher weiter und ich wünsche Euch viel Spaß dabei. Und immer Rückenwind (…). Liebe Grüße Thomas

    • Hallo Thomas, für den Rückenwind musst du noch ein wenig nachlegen….der will noch nicht so ganz auf dich hören! Mal verliert man, mal gewinnen andere 🤣
      Ja, wir sind uns durchaus bewusst, wie schön wir es haben und freuen uns auch immer sehr, dass wir dies alles erleben dürfen! Die Menschen hier sind einfach grandios und sie überraschen uns immer wieder sehr positiv. Überhaupt haben wir nur positive Erlebnisse bisher gehabt. Kann auch gerne so bleiben! Viele Grüße aus Malta in Montana, Sabine und Uwe

  4. Tim Rands

    Hallo Sabine und Uwe
    I am so enjoying your adventures but as eager as I am to do some longer trips, I cannot see reaching the level you are at. You really wanted to cycle 160km in one day!? Wahnsinn!!
    Anyway, it looks like you are now traveling west on Highway 2. I drove this route from Seattle to Woodstock when I moved in 2003. It’s beautiful.
    Can I recommend a slight off-route detour when you reach Chinook? About 20km south of the highway is the Bear Paw Battleground where Chief Joseph and the Nez Perce Indians fought a fateful final battle against the US Army after fleeing hundreds of miles from Oregon. A beautiful and haunting site. But I realize that is quite a detour!
    Wishing continued safe travels.
    Tim

    • Hi Tim, it was the wind, who did the Job 😊😊😊….yesterday! But today we had half of the way headwind and this made us so slowly and tired. So, some day we are winners, others we losers! That’s how it works!
      Yes we are until Cut Banks on Hwy 2 and thanks for the recommendation, we are sure it would be a nice detour, but 20km is really a lot for us and most of the time we struggle because there is not a lot infrastructure around us and therefore we have already long stretches every day!
      We hope you are fine and Kermit as well😊. Your German is good 👍. Keep pedaling

  5. Christa Lebermann

    Liebe Sabine, lieber Uwe!
    Ich möchte mich doch nun einmal bei euch beiden Weltenbummlern ganz herzlich für die tollen Berichte bedanken. Ich bin immer wieder von Euren Erlebnissen beeindruckt, und so manches mal auch etwas neidisch. Ich kann sehr wohl nachfühle wie es ist, wenn nach der Kuppe die nächste Kuppe kommt und man kilometerweit in die Ferne blicken kann.
    Ich war gerade in eurer Nähe, im Yellowstone NP, Grand Teton, Arches, Canyonlands und Rocky Mountains NP. Sobald ich Radfahrer erblickte, habe ich geguckt, ob ihr es seid. Es ist bestimm kein Vergnügen, auf dem Highway zu fahren. Oft handelte es sich nur um Schotter. Ich habe es gerade noch vor dem Unwetter geschafft, den Yellowstone NP zu sehen. Es sind katastrophale Schäden entstanden. Viele Zufahrtsstraßen einfach weggespült und Brücken mitgerissen. Eure Bilder von dem Abendrot waren ja von dem betreffenden Tag. Ich wünsche euch beiden weiterhin eine erlebnisreiche Reise mit vielen tollen Erlebnissen. Ich beneide euch!!!
    Ich freue mich weiterhin auf die spannenden Berichte.

    Ganz liebe Grüße aus eurer alten Heimat Drestedt
    Von Christa

    • Hallo Christa, das wäre ja wohl eine große Freude gewesen dich zu sehen. Unsere Tour führt aber nun erst in Richtung Canada bis hoch zum Jasper NP und dann entlang der Rocky Mountains in den Süden. Kurz vorm nördlichen Eingang des Yellowstone NP sind wir noch bei einer alten Freundin von Uwe für ein paar Tage. Eigentlich wollten wir dann weiter in den NP fahren, aber das wir selbst in zwei Monaten wohl noch nicht möglich sein. Mal sehen, wie es dann für uns weiter gehen kann.
      Wir freuen uns total, dass dir unser Blog gefällt und du immer mit dabei bist! Bist du denn nun noch in den Staaten?
      Fröhliche Grüße und viel Spaß weiterhin 😊

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