Hügel zum Schieben! Das lieben wir ja gleich morgens und die Gesichter der Menschen, auf deren Stirn geschrieben steht: “ wo wollen diese zwei Radfahrer nur hin“, aber keinen Ton von sich geben, dass wir in eine Sackgasse fahren. Über Stock und Stein, zu Zweit schiebend geht es über einen eigentlichen nicht vorhandenen Weg aus Pristina. Das Gute daran, wir kommen wieder einmal in Gegenden, die wir sonst nicht gesehen hätten und vermeiden die Hauptstraße. Alles hat immer zwei Seiten und mindestens eine davon ist positiv. Auf dem Weg zur nordmazedonischen Grenze sind es ca 70km und wir genießen das Hinterland des Kosovos bis dahin sehr. Zum Schluss wird es noch ein wenig bergig aber immer mit toller Aussicht. An der Grenzstation auf kosovarischer Seite werden wir mit großen Augen empfangen. Neben dem Beamten aus dem Kosovo begrüßt uns ein österreichischer Grenzbeamter. Er hätte an dieser Grenzstation noch nie Radfahrer gesehen und stellt viele Fragen. Auch will er wissen, ob wir uns immer sicher fühlten? Dies können wir mit einem absolutem „JA“ beantworten! Ein wenig ehrfürchtig wünscht er uns eine gute Reise und wir mögen weiterhin gut auf uns aufpassen! Leider haben wir verpasst ihn zu fragen, was er als Österreicher an einer Kosovo – Nordmazedonien Grenze für eine Tätigkeit ausübt.
Erneut tauchen wir in eine völlig andere Kultur ein. Es sind nur 20km nach der Grenze und wir sind in Skopje, der Hauptstadt Nordmazedoniens. Die Stadt ist ein Highlight auf unserer Reise und wir hatten keine Ahnung davon. Mit einer über 2000-jährigen Besiedlungsgeschichte weist Skopje eine Vielzahl an Bauwerken und Monumenten aus verschiedenen Epochen auf. Aus römischer Zeit blieb beispielsweise das Aquädukt der antiken Stadt Scupi erhalten. Im Mittelalter entstanden durch die Verbreitung des Christentums auf dem Balkan zahlreiche byzantinische Kirchen und Klöster in der Umgebung wie auch in der Stadt. Auch die islamische Architektur hinterließ während der über 500 Jahre dauernden Herrschaft der Osmanen ihre Spuren in Form von Moscheen, Brücken, Hamame, Karawansereien, Bibliotheken und vor allem im Basar-Viertel, der Altstadt von Skopje. Kritisch sollte man dennoch mit der Stadt sein, hierzu ein interessanter Link: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Skopje_2014
Kaum zu glauben, dass wir bis Nordmazedonien mit relativ wenig Höhenmetern und Bergen zu kämpfen hatten. Zumindest in Bezug auf viele andere Touren, sind wir sehr relaxt gefahren. So auch am heutigen Donnerstag, 16.09. Von Skopje nach Gostivar, nur 500hm auf 70 km, obwohl wir immer enger eingekreist werden von hohen Gebirgszügen. Das Land und vor allen die Menschen gefallen uns sehr gut, immer ein fröhliches Winken und Grüßen für uns. Der Straßenrand gefällt uns nicht, es liegen Unmengen an Müll überall, erst wenn wir in ein Dorf einfahren, wird es ein wenig besser. Davor und danach ist es einfach eine Schande, wie wenig hier auf die Umwelt geachtet wird. Na ja, zumindest finden dann streunende Hunde auch noch ein wenig zum Überleben. Angst brauchen wir vor ihnen nicht zu haben, sie sind froh, wenn sie in Ruhe gelassen werden und sind eher sehr ängstlich.
Unser Weg führt uns durch kleine Dörfer die alle irgendwie von der Hauptverbindungsstraße leben. Hier ein Café, dort ein Restaurant, Supermarkt und unzählige Autowaschanlagen, Autoreperatur, Autoersatzteile, Autofelgen, Automotoren! Das Auto ist ein sehr wichtiges Verkehrsmittel und sicherlich auch ein Prestigeobjekt. Viele deutsche, schweizer, österreichische Kennzeichen sind plötzlich zu sehen. Alles Menschen auf Heimaturlaub oder in einem Lokal ein Nordmazedonier, der 32 Jahre in Berlin als Koch gearbeitet hat und nun in sein Heimatdorf zurück gekehrt ist. Er hat sich mit einer Pizzeria selbstständig gemacht, wirkte aber weder glücklich noch angekommen Zuhause und überlegte nach nur 9 Monaten doch wieder nach Berlin zu gehen. In einem weiteren kleinen Dorf, wir wollen uns gerade orientieren, spricht uns ein Herr an, ob er uns helfen könnte. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkt ein Mann, der extra für uns angehalten hatte um uns zu helfen. Wir fragen nach einem Restaurant und er fährt voraus um uns den Weg zu zeigen. Im Restaurant übernimmt er unsere Bestellung und auch gleich die Rechnung. Nachdem er uns den weiteren Weg erklärte, steigt er ins Auto und fährt weiter. Seine Frau, welche geduldig im Auto wartete, winkt uns noch zu und wir bleiben völlig geflasht zurück. Danke Bavi, wir sind begeistert von so viel Gastfreundschaft. Kurz bevor wir weiter fahren wollten, spricht uns ein weiterer Mann in besten Ösi-Slang an, auch im Urlaub hier, denn auch er lebt seit über 40 Jahren in der Nähe von Wien. So würde sich eine Geschichte an die andere reihen, unglaublich, wir sind doch weit weg von Zuhause! Auch weit weg von Zuhause fühlt es sich an, wenn man bei einem Schlachter vorbei fährt. Er hängt in sein Schaufenster ein Kalb auf und nimmt es aus, wir stehen davor und konnten alles durch eine Glasscheibe beobachten!
Nach Gostivar und 3600 km kommt dann auch schon mal ein richtiger Berg. 1320 Meter hoch, 20 Kilometer bis wir oben sind, mein Vorschlag bereits um 6:00 Uhr loszufahren um der Mittagshitze zu entkommen, stößt bei der „Reisegruppe“ auf wenig Gegenliebe. Erstmal gemütlich Frühstücken und dann um 9.00 schnell noch zum Bäcker und dann mal los! Der Berg ist gut zu Fahren, mit moderater 5-7% iger Steigung. Ein paar mal Pause um zu Trinken und weiter geht’s durch den Mavrovo Nationalpark. Bis nach Debar sind es ab der Spitze noch 45 km, zumeist bergab, easy Day! Um kurz nach 12:00 Uhr sind wir oben und wollen gerade in Richtung Debar abbiegen, da ist vor uns die Strecke gesperrt. Etwas irritiert fragen wir uns durch und können am Handzeichen nur eine „4“ ablesen! 4, Minuten, 4 Stunden, 4 Tage? Einen anderen Weg gibt es, aber für uns ein zweitägiger Umweg. Aus dem Baufahrzeug schreit jemand kurze Zeit später „Um 4 Uhr ist die Straße wieder geöffnet“. Sie ist im Moment jeden Tag von 10:00 – 16:00 Uhr gesperrt. Na mal gut, dass wir nicht um 6:00 Ihr losgefahren sind, denkt sich nun die gesamte „Reisegruppe „.
Wir drehen um, essen einen Salat, treffen die ersten Touristen seit Wochen und warten an einer Statue die den Bau des vor uns gelegenen Staudamms würdigt. Uns bietet sie einen schönen Pausenplatz. Die Absperrung der Straße können wir nicht einsehen, aber die wartenden Autos und LKW sind nicht zu übersehen. Eine halbe Stunde vor der Straßenöffnung stellen wir uns ganz vorne in die Reihe und hoffen darauf, dass uns der nette Herr evtl. doch schon vorab fahren lässt. Keine Chance, Gesetz ist Gesetz! Als es dann endlich los geht, bittet er uns um Verzeihung für die Wartezeit und mahnt uns einige Male, bitte sehr vorsichtig zu fahren. Anfangs ist es auch ziemlich chaotisch und anstrengend für uns, aber irgendwann sind alle schnellen Autos vorbei und wir schneller als die meisten LKW!
Die Schlucht in welcher wir nach unten düsen ist links und rechts mit super steilen Bergen umgeben. Die Strecke schlängelt sich durch die hohen Felswände hindurch und wir sind im Abfahrtsrausch. Immer wenn sich ein kleines Tal öffnet, sind in die Berghänge kleine Dörfer gebaut und wir fragen uns, wie konnte man in diese steilen Berge ein Dorf bauen und wie kommt man dort nur hin? In jeder dieser Dörfer befindet sich auch mindestens eine Moschee. Wenn der Muezzin zum Gebet ruft und es mehrere Moscheen im Ort gibt, hat man das Gefühl sie rufen sich gegenseitig in die Quere.
Nach fast 1000 Höhenmetern kommen wir in Debar an. Kurz vorm Ort gibt es noch einen giftigen 3 km langen Anstieg und wir können dabei in einen Flusslauf blicken, der uns unheimlich ist. Die Farbe ist irgendwie künstlich blau und dazwischen weiße Farbnuanzen. Man hat das Gefühl, auf keinen Fall dort einen Finger reinstecken zu wollen. Müssen wir ja auch nicht! Angekommen, gehen wir noch schnell eine Pizza essen und fallen müde ins Bett.
Der Samstag soll etwas weniger Höhenmeter haben und wir hoffen mal, es wird eine ebenso relaxte Auffahrt. Es ist Regen angesagt, so ca 2-5 mm sollen über 4 Stunden fallen. Das geht ja dachten wir, bis wir im Regenschauer versinken! Wir haben auf all unseren Reisen sehr, sehr selten einen Regen wie diesen über uns ergehen lassen müssen. Wie ein Platzregen über Stunden. Die Grenze nach Albanien können wir noch im Trockenen nehmen, trocken was den Humor anging, waren auch auf beiden Seiten die Beamten. Kein lächeln, keine Geste von auf Wiedersehen oder Willkommen, keine Freundlichkeit, einfach nur ein Job! Im Land erleben wir es anders, überall wird uns zugelächelt, wo „kommst du her mein Freund“ gerufen und uns zugewunken. Genau dies haben wir häufig von anderen Radreisenden gehört, die Gastfreundschaft ist toll! Nach 35 km machen wir eine Pause, setzen uns unter ein paar Bäumen, können gerade noch ein wenig essen und dann fängt der Regen an. Schnell alles zusammengepackt, die Regenklamotten angezogen und schon ist Land unter. Im nahegelegenen Bethaus können wir uns noch ein wenig unterstellen aber wie lange sollen wir warten? Immer den Hügel hoch mit Wolkenbruch, Blitz und Donner. Es wird uns langsam unheimlich und am Gipfel stellen wir uns bei einer Tankstelle zum Eingang der Toilette unter! Manchmal kann man nicht wählerisch sein! Die Strecke versinkt vor uns unter Wassermassen und einem Hagelschauer und nach ca einer Stunde fahren wir auch wieder los, es ist sinnlos weiter zu warten. Die Strecke bergab ist nicht weniger anspruchsvoll, Geröll auf den Straßen, Gesteinsbrocken die den Weg versperren, überlaufende Abwasserkanäle auf kurvenreicher Straße. Wir fühlen uns in großer Gefahr, es gibt aber keinen Ausweg! Blitz und Donner immer dabei. Die Autofahrer sind total umsichtig mit uns, das beruhigt sehr. Wir überholen(!!!) einen LKW und denken uns, da sind wir auf den Rädern mit unseren Scheibenbremsen noch auf der sichereren Seite! Bis auf ein paar Ausnahmen, ist die Straße neu geteert. Die Ausnahmen haben es aber in sich, soetwas von wellig in alle Richtungen haben wir noch nicht gesehen, dazwischen sucht sich ein, ein Meter breiter Bach seinen Weg und drumherum liegt Geröll, pures Abenteuer dort durchzukommen. Die Umgebung ist grandios, dies können wir bei einer kurzen Regenpausen sehen und es ist wirklich sehr Schade, dies im Regen erleben zu müssen. Hohe bewaldete Berge, dahinter noch höhere Bergformationen, dazwischen ein kleines Tal, ein Dorf hoch oben, der Fluss tief unten und die Straße die sich nach unten schlängelt. In tieferen Lagen bekommen wir dann Stunden später auch den ersehnten Sonnenschein. Überall sind Aufräumarbeiten auf den Straßen, es scheint als ob dieser Regen auch hier nicht alltägliches Ausmaß hatte. Kurz bevor wir in Burrel ankommen, müssen wir noch eine Brücke umfahren, sie steht ca einen Meter unter Wasser. Zum Glück gibt es parallel die alte Landstraße.
Alles ist nass und trocknet natürlich auch nicht über Nacht. Vor allem in die nassen Schuhe am nächsten Tag zu schlüpfen ist das Grässlichste überhaupt. Zudem scheint meine Regenjacke nicht mehr dicht zu sein, dass bringt doppelt Spaß! Am nächsten Morgen warten wir einen Schauer nach dem anderen ab. Leider haben wir keine Internetverbindung und können das Wetter nicht checken. Es sieht ziemlich düster um uns herum aus, aber das hilft ja nicht weiter. Erneut kommt ein Schauer nach dem nächsten, aber immerhin nicht mehr mit Weltuntergangsstimmung wie gestern, obwohl sich Blitz und Donner so anfühlen. Albanien gefällt uns bisher am Besten der bereits 9 Länder, welche wir durchquerten. Die Landschaft ist einfach fantastisch und ein wenig traurig sind wir schon, daß wir dies nur im Regen erleben. Die kurzen Sonnenpausen erlauben uns einen Ausblick der zum Schwärmen einlädt. Was für ein Land. Vor allem ist es das Land des Mercedes 190, E-Klasse oder ein SUV von Mercedes.
Morgen wollen wir das Mittelmeer erreichen. Nicht schlecht, unser Ziel war ja von der Ostsee zum Mittelmeer und nun sind wir ganz nah, nach bisher 3872 km! 😎👍
Heidi Woith-Zoschke
Hey Ihr Beiden Abenteurer, mal wieder vielen Dank für die tollen Bilder samt Berichten.Das mit dem Regen ist ja Sch….., tut mir sehr leid für Euch. Morgens in nasse Schuhe brrr, aber Ihr seid ja hart im Nehmen. Weiter keine Pannen , aber liebe Grüsse von Heidi aus Ehestorf bei 14,6°
glorypedalling.com
Die Temperaturen können wir um einige nach oben Toppen 😉, endlich!
Elke und Thomas H.
Ihr spult ganz schön viele Kilometer ab! Vor 2 Monaten gestartet und schon fast 4.000 km! Plant ihr eine längere Pause, wenn ihr am Mittelmeer ankommt?
glorypedalling.com
Wtir werden uns heute mit Freunden auf einem Campingplatz treffen und dort zwei / drei Tage bleiben. Eine „große“ Pause wollen wir in Kroatien einlegen.