„Gegenwind formt Charakter“ steht auf einem meiner T-Shirts und wir müssen darüber nachdenken, wie denn Rückenwind unseren Charakter „versauen“ sollte? Seit Tagen freuen wir uns darauf, endlich aus dem Westwind zu drehen und in Richtung Norden abzubiegen. Endlich mal nicht mehr gegen eine Wand anfahren zu müssen, sich vielleicht nur Seitenwinde entgegen zu stemmen. Natürlich dreht der Wind mit uns und pustet kräftiger als je zuvor! Wir haben nur 58 km zu fahren, aber es ist das erste Mal, daß wir uns überlegen, nach einer Mitfahrgelegenheit ausschau zu halten. Wir werden an unsere Tour damals in Patagonien erinnert und stellen fest, der Weg nach Kanada kann durchaus mit den Sturmfahrten im Süden Chiles mithalten. Es ist der bislang härteste Tag auf dieser Tour aber wir kämpfen uns bis zur Grenzestation wacker durch. Bevor wir die Grenze zu Kanada überschreiten, müssen wir auf der Amerikanischen Seite noch ein paar Fragen bezüglich unseres Visas stellen. Wir kommen über einen rückwärtigen Eingang zu Grenzestation und über ellenlange Flure versuche ich jemanden zu finden, der mir Auskunft geben kann. Uwe bleibt derweil bei den Rädern. Die Hinweisschilder zeigen mir immer an, dass ich hier zur Kanadischen Grenze komme. Ein wenig mulmig wird mir, dass ich evtl nicht wieder zurück komme und Uwe ohne Pass aber mit zwei Rädern noch bei den Amis steht, derweil ich schon in Kanada “ eingereist“ bin. Irgendwann finde ich einen super freundlichen Officer, der sich um unser Anliegen kümmert und mich wieder auf den richtigen Weg zurück bringt. Wir sind wieder vereint und unsere kleine Reisegruppe kann sich nun mit den Rädern zur Grenzestation nach Kanada aufmachen. Ca. 15 min dauert die ganze Einreiseprozedur und wir werden von einem kleinen Mädchen, aus einem ebenfalls wartenden Auto, mit Getränken versorgt. Zauberhaft! Gleich hinter der Grenze gibt es ein Motel und wir können es kaum abwarten endlich aus dem Wind zu kommen! An Zelten wäre nicht zu denken und der nächste Zeltplatz zudem noch 20km entfernt, der Himmel mittlerweile schwarz und erste Tropfen fliegen uns entgegen.
Diesen steuern wir in Milk River am nächsten Tag an und wir haben einen kurzen und sehr entspannten Tag. Vor dem Supermarkt treffen wir ein deutsches Pärchen aus München. Anna und Peter fahren mit ihrem Campingbus für 7 Monate durch Kanada und die USA. Sie sind erst unsere zweiten ausländischen Touristen die wir treffen. Auf dem 8 Flags Campingplatz treffen wir auf Hellen, sie kümmert sich um den öffentlichen Platz und ist ganz hin und weg von unserer Reise. Sie kann es nicht fassen, dass wir die Nacht auf ihrem Platz verbringen möchten und drückt mich ganz herzlich. Damit wir es auch ja gut haben, schenkt sie uns auch noch die Coins zum duschen. Unser Camp-Nachbar ist John der von hier ein paar Tage mit einem Freund und Kanu den gleichnamigen Fluss, Milk River entlang paddeln möchte. Ein richtiger Outdoor-Canadier, der alles dabei hat, was man benötigt. Er backt uns abends sogar eine Pizza. Himmlisch!
Als wir über die Grenze kamen, sind wir in Alberta. Es ist in Fläche fast doppelt so groß wie Deutschland mit „nur“ 4.4 Millionen Einwohnern. Alberta besitzt umfangreiche Ölvorkommen und ist die reichste Provinz Kanadas. Kleine Ölbohrtürme können wir auch überall sehen. Allerdings liegen die wirklich wichtigen Ölvorkommen eher im Nord-Osten der Provinz. Um uns liegt eine flache Prärielandschaft, welche einen weiteren Wirtschaftsfaktoren darstellt, nämlich den Getreideanbau und die Rinderzucht. Im Westen dominieren die Ausläufer der Rocky Mountains das Landschaftsbild und obwohl wir noch weit davon entfernt sind, sehen wir bereits die majestätischen, schneebedeckten Bergspitzen. In den Bergen kommen wir zum Columbia- Eisfeld welches sich im Banff- und Jasper Nationalpark befindet. Es ist eine der größten Ansammlung von Eis südlich des Polarkreises mit einer dicke von 100 – 365 Metern und einer Fläche von 325 km². Der Jasper Nationalpark ist unser nächstes großes Ziel auf dieser Reise! Noch ca 700 km zu fahren, bis wir von dem Ort – Hinton – in den wohl schwierigsten Teil unserer Tour aufbrechen. Durch die Rocky Mountains bis nach Colorado.
In Lethbridge machen wir zwei volle Tage Pause! Ungewohnt für uns aber unseren Beinen tut es sicherlich gut. Dort feiern wir auch meinen Geburtstag und haben einen schönen entspannten Tag mit einem Picknick nahe einer 100 Jahre alten Stahlbrücke welche 1905 für die Bahn gebaut wurde und immer noch benutzt wird. 1,6 km lang und 95 Meter hoch! Lethbridge gefällt uns sehr gut, wobei man hier eine Stadt nach anderen Kriterien bewertet als bei uns in Deutschland. Ein Zentrum wie wir es kennen, gibt es nicht wirklich, hier bewerten wir die Stadt nach schöner Wohngegend oder nicht und Lethbridge hat super schöne Gegenden, einen tollen Park mit See und viele Freizeitflächen.
Zwischendurch besucht Uwe noch einen Zahnarzt. Ihm ist ein „Stiftzahn“ bereits vor zwei Wochen abgebrochen und nun wollte er doch mal abklären lassen, ob er die Zahnlücke so belassen kann, oder eventuell eine Behandlung benötigt. Wir finden eine super nette Praxis und man kümmert sich sehr herzlich um ihn. Der Zahn samt Stift wird, nach einer Röntgenaufnahme, wieder eingesetzt und wir hoffen, dass er bis zur Rückkehr keine Schwierigkeiten mehr bereitet. Der Rechnungsbetrag war “ wir wünschen eine gute Reise“! Sie haben tatsächlich nichts berechnet.
Morgen geht es dann, mal ganz langsam, weiter in Richtung Calgary, wo wir in ca 3-4 Tagen ankommen wollen.
Christiane
Ihr Lieben
ich bin fasziniert von den wunderschönen Begegnungen😘
Ihr habt es verdient und könnten doch mehr Menschen soviel Leidenschaft und Herzlichkeit ausstrahlen…
Nachträglich alles Liebe zum Geburtstag 🎁
glorypedalling.com
Liebe Christiane, die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Menschen bleibt uns sicherlich auf dieser Reise am meisten in Erinnerung. Ich befürchte, der Wind leider auch 🤣.
Lieben Dank für die Geburtstagswünsche, den Tag haben wir sehr entspannt und bei einem Picknick sehr gemütlich verbracht! Liebe Grüße an euch Zwei, Sabine und Uwe