Eigentlich wollten wir bereits von Australien nach Japan reisen. Da es jedoch in den Sommermonaten zu heiß sei, hatte man uns davon abgeraten. Wir sind zwar immer noch etwas zu früh, aber nun war es Zeit, eine Entscheidung zu treffen.
Die Alternative wäre gewesen, über Kambodscha, Laos, Vietnam und China nach Hongkong zu radeln. Es war eine total schwere Entscheidung und bis wir in Bangkok vor dem Thai-Airways Schalter standen, war die Route nicht klar. Schließlich ist es jedoch Japan geworden und wir sind super neugierig auf das Land. Die letzten Tage haben wir viel über die Kultur, Sprache, Fettnäpfchen, Essensgewohnheiten, Übernachtungsplätze und Onsen gelesen. Onsen ist die Bezeichnung für heiße Quellen, die es in Japan sehr häufig gibt und man nicht versäumen sollte. Je mehr wir lesen, desto mehr sind wir uns sicher, schon bei Ankunft am Flughafen, werden wir ins erste Fettnäpfchen tappen und ab dort können wir nichts mehr lesen oder verstehen. Die Jugend lernt zwar Englisch in der Schule aber aus Angst etwas nicht richtig auszusprechen oder grammatikalisch falsch zu sein, sprechen sie sehr ungerne Englisch. Google Translate wird es schon möglich machen, dass wir nicht verhungern und uns zurecht finden. Wir fliegen in den Norden, nach Sapporo und folgen erst mal einer Route in Richtung Tokio.
Und tatsächlich am Flughafen gibt es schon das erste Problem mit uns. Wie immer suchen wir uns eine ruhige Ecke um die Räder zu montieren. Nach etwa 1½ Stunden steht plötzlich die Flughafenpolizist vor uns. Er weist uns sehr freundlich aber bestimmt darauf hin, dass wir sofort den Flughafen verlassen müssen, die Fläche sei nicht vorgesehen für den Zusammenbau unserer Räder. Glücklicherweise waren wir bereits soweit fertig, dass wir die Taschen ans Fahrrad machen konnten. Nein, sagt der freundliche Herr, wir können auf keinen Fall die Räder nach draußen schieben, wir sollen sie auf den Koffertrollie heben und damit schieben. Wir fragten ihn, wie dies gehen könnte? Er meinte quer oder hochkant! Höflich baten wir ihn mal unsere Räder anzuheben um ihm ein Gefühl für das Gewicht zu geben. Wir sahen ihn an, dass er ein wirkliches Problem mit uns hatte und über Funk kommunizierte er wohl mit seinem Chef. Vorschrift ist eben Vorschrift aber schlussendlich durften wir die 300 Meter (!!!) aus dem Flughafen schieben!
Nach Sapporo hatten wir am Ankuftstag noch 50 km zu fahren und wir waren wirklich erledigt, als wir im Hotel ankamen, dort jedoch wartete das nächste Problem. Kein Platz für die Räder, hier hinstellen ging nicht, dort hinstellen ging nicht, vorm Haus anschließen ging nicht. Es ist zum Haare raufen! Wir mussten nochmals etwa 1½ km durch die Stadt fahren um die Räder in einer Fahrradparkgarage abstellen zu können. Endlich im Zimmer fallen wir ziemlich müde aufs Bett. Geschafft – Japan, du machst uns die Ankunft nicht leicht – vor allen Dingen, wenn man aus dem sehr unkomplizierten Thailand kommt.
Am nächsten Tag schlendern wir ein wenig durch die Stadt. Japan ist so anders als wir es uns vorgestellt hatten und wir müssen uns erst einmal zurecht finden, uns orientieren. Anders als in Thailand, wo Ampeln eher als Verhaltensvorschlag gelten, herrscht hier Ordnung und bisher haben wir niemanden beobachtet, der eine Fußgängerampel bei rot überquerte. Vorschrift ist Vorschrift! Wir können nichts lesen und nichts verstehen, da ist es von großem Vorteil, dass die Speisekarten mit Bildern versehen sind, das hilft um nicht zu verhungern. Wir sind für jedes kleine englische Wort dankbar und das fängt bereits auf den Toiletten an. Das sind Hightech-Teile mit Spülungen vorne und hinten inkl. eines seperaten Knopfes für die Spülintensität, beheizbarer Klobrille, mit simulierter Wasserspülung um die eigenen Geräusche zu übertönt inkl. Lautstärkenregelung. Da sollte man schon besser wissen, welcher Knopf für welche Anwendung ist! Das macht schon erst einmal Angst 😂.
Es gibt aber auch Kleinigkeiten, die uns so vertraut sind. Es hört sich komisch an aber, wir können endlich wieder Wasser aus dem Wasserhahn trinken und es fließt auch heißes Wasser daraus. Das hatten wir Wochen nicht mehr und ist ein echter Vorteil. Wir haben seit ewiger Zeit mal wieder langärmelige Shirts an und können genussvoll heiß duschen. Es sind die kleinen wichtigen Dinge des Lebens!
Kurios ist, dass es nirgendwo Mülleimer gibt. Man nimmt, selbst auf den Campingplatz, den Müll wieder mit nach Hause, was uns verständlicherweise etwas in Not bringt. Auf einem dieser Campingplätze haben wir gestern gezeltet und mit Schrecken festgestellt, dass Uwes Luftmatratze ein größeres Loch hat und deshalb für die Nacht nicht mehr zu gebrauchen ist. Uwe hatte sich schon damit abgefunden auf dem Boden zu schlafen, aber irgendwie konnte ich das nicht mit ansehen. Die super bemüht und freundlichen Platzbetreiber hatten tatsächlich eine Lösung für uns parat und so wurde es doch eine gemütlich Nacht. Bisher waren die Japaner sehr zurückhaltend aber wenn man sie nur genügend anlächelt, dann kommt auch ein Lächeln zurück. Auch die Campingplatz-Betreiber, so freundlich und so hilfsbereit, sofort wird jemand gesucht, der etwas englisch spricht oder man nimmt die Online-Übersetzung zur Hilfe.
Als wir heute eine kleine Pause machten, kamen drei Jungs zu uns und zuerst meinten sie, sie sprechen kein Englisch, dann nach zwei Minuten kamen doch plötzlich kleine englische Sätze zustande. Da sie neugierig waren auf unsere Räder und Reise half erneut der Übersetzer. Läuft!
Übrigens, über den Namen „Japanisches Meer‘, der in 97% der Karten so verzeichnet ist, gibt es Differenzen. Obwohl er international so akzeptiert wird, ist der Name in den Karten der Republik Korea (ROK) und Nordkorea so nicht vermerkt. Sie behaupten, dass sich der Name „Japanisches Meer” zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Resultat des Expansionismus und der Kolonialherrschaft Japans verbreitet habe. Aus diesem Grund halten sie daran fest, dass der Name in „Ostmeer“ geändert werden sollte, der von der ROK und Nordkorea inländisch verwendet wird, oder dass zumindest beide Namen „Ostmeer“ und „Japanisches Meer“ gemeinsam verwendet werden sollten. Die Behauptung der ROK und Nordkoreas ist jedoch unbegründet und es gibt weder Argumente noch Vorzüge, die für eine solche Änderung sprechen. (Ministry of Foreign Affairs of Japan)
Ganz nebenbei, haben wir, nachdem wir Sapporo verlassen haben, auch unseren zehntausendsten KM auf dieser Reise gefahren. Da sind wir echt immer überrascht, wie schnell das zusammen kommt. Was für eine Strecke 10.000 KM, wow!
Viktor Makowski
Hochachtung! Das wäre mir dann doch eine Spur zu viel Kulturschock.
Und ich dachte wir Deutschen wären bei der Einhaltung von (sinnarmen?) Regeln pedantisch.
Glorypedalling
Hallo Viktor! Gut, dass man viele Dinge ja vorher nicht so genau weiß und somit trotzdem ausprobiert👍👍. Es bleibt weiterhin spannend – wie bei euch🤗
steven herrick
I’m loving following your adventures. We’ve cycled twice in Japan, and they are obsessive with cleanliness – that’s why he wanted you to carry your bicycle over the floor 🙂
Also be prepared to not being allowed to take your bikes on trains.
Your best friend will soon be the 7-11 store – they sell everything, are clean (of course), and are everywhere in Japan. We also found the motorists careful and considerate. And we loved onsens.
Oh, and sometimes I explained to the hotel reception that our bikes are so valuable and have taken us so far that we can’t park them at the public park … and we were upgraded to rooms where bicycles could be ‘hidden’.
No guarantees of course!
We loved the food and people, and enjoyed cycling the Noto Peninsula as a highlight.
Glorypedalling
Hi Steven! Nice to have you with us 👍
You are right if nothing works anymore 7-11 or Lawson is always helpful. We found a big supermarket yesterday and bought some sushi there and it was soooo delicious.
It seems to be a problem coming with a bicycle and ask for safe space. They told us everywhere how much penalty we have to pay if anything gets dirty 🤣🤣.
Noto Peninsula we will keep it in mind. Thank you!
Cheers, Sabine and Uwe
felixxbln
Zur Not hätte ich ja eine Bekannte, die Japanistik studiert hat …, aber was den Empfang auf dem Flughafen betrifft, es geht noch wesentlich unfreundlicher – in Seattle voriges Jahr. Siehe mein Blog http://www.cyclingtraveller.com
Glorypedalling
Hallo! Mit einem Translater geht es ziemlich gut, da sind wir ganz überrascht. Zudem zücken auch die Japaner sofort ihr Smartphone um damit in Kontakt zu kommen. Läuft 🙃
Grüße nach…bist du nicht auch irgendwie unterwegs?
Britta
Einen interessanten Toilettenknopf habe ich auch mal in Bangkok gedrückt und es schoss ein warmer Strahl direkt auf mich zu. Da ich vor der Toilette stand, wurde ich geduscht und kam so schnell nicht wieder an den Knopf zum Ausschalten. Herrlich nass und lachend ging ich wieder zurück ins Lokal. Euch dann noch viel Spaß beim Ausprobieren 🙂
Glorypedalling
Hi Britta! Bisher saßen wir immer fest auf der Toilette somit hat uns noch kein Strahl erreicht….also im Gesicht 😂
Karin,a
Moin Moin ihr verrückten lieben Vagabunden, 🚴🚴♂️
Es ist herrlich euren Bericht zu lesen, ich bekomme wieder Lachfalten.
So eine tolle Toilette hätte ich gerne Zuhause, aber bitte mit deutsche Anleitung und passende Duftbilder.
Der gute Nette vom Flughafen hatte kein Erbarmen mit euch, der konnte und wollte euch nicht helfen. Seid froh, dass ihr ihn nie wiedersehen wird. Andere Kultur!
Die Jungs dagegen ein 🎁.
Willkommen in Japan und ihr werdet ganz bestimmt noch auf tolle oder nicht tolle Ereignisse kommen.
Hauptsache es geht euch gut und passt bitte auf das Wasser und Essen auf. Man weiß nie was man zu sich nimmt, auch wenn es auf der Karte gut aussieht.
Ich freue mich auf euren nächsten Bericht
Beste Grüße aus Hamburg🍻🍺Ein Orden für die tolle Schreiberin🥇
Herzlichst Karin 🚴
Glorypedalling
Wir müssen uns eben noch ein wenig „eingewöhnen“ aber das läuft schon alles bisher ganz gut. Das Essen ist klasse bisher und selbst das Sushi aus dem Supermarkt ist tolle Qualität. Passt also! Grüße aus Kutchan, Sabine und Uwe