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Serbien 🇷🇸 der lustigste Grenzübergang

Es wird spannend. In der App des Auswärtigen Amtes steht, eine Einreise nach Serbien ist nur mit PCR-Test der nicht älter als 48 Std sein darf, möglich. Es gibt keine Angaben, ob eine Impfung ausreichend wäre. Na dann mal los. Uwes Rad gibt keinen Mucks von sich, das klappt ja schon mal hervorragend und die Ausfahrt aus der Stadt Timişoara ist auch nicht ganz so stressig wie das Ankommen. Klappt also auch! Die Tageskilometer: 85, nach ca 67km sind wir an der Grenze. Kurz bevor wir die Grenze überqueren, müssen wir noch unsere rumänischen Lei in Deta „verkaufen“! Vom Supermarkt zur Grenze sind es noch ca. eine Stunde zu fahren. Sollten uns die Serben nicht einreisen lassen, wäre der Plan nach Deta zurück zu fahren und versuchen, dort einen offiziellen Test zu bekommen. Fingers crossed!

Die rumänische Grenzbeamtin sitzt in einem abgedunkelten Glaskasten und hat vollen Blick auf die Fahrbahn. Sie heißt uns herzlich willkommen und fragt nach unseren Pässen. Wir stehen vor ihr mit Fahrradhelm und Rädern. Sie möchte die Papiere der Fahrzeuge sehen. Wir geben ihr den Führerschein und denken, andere Länder andere Gebräuche und sind dennoch irritiert. Höflich gibt sie uns den Führerschein zurück und meint „nein, bitte die Fahrzeugpapiere“. Uwe erklärt mutig, wir haben keine Papiere, was ihr ein paar Stirnfalten ins Gesicht bügelt. Wir können anhand ihrer zunehmenden Fältchen ablesen, dass wir schwierige Fälle ohne gültige Dokumente sind. Eine weitere Grenzbeamtin steht hinter besagter Dame und lacht schon in unsere Richtung, erklärt ihr dann, wir wären ja mit dem Fahrrad vor Ort, sie möge sich doch selbst davon überzeugen. Endlich sieht auch sie richtig aus ihrem Glaskasten und erkennt uns als Radreisende. Huch, das ist ja spannend, meint sie und ist völlig überrascht, wie ihr dies entgehen konnte, schließlich haben wir ja einen Helm auf! Wir haben total Spaß vor Ort und die hinter uns Wartenden müssen eben noch ein wenig länger Geduld haben. Es folgen die üblichen Fragen und passenden Antworten. Wir sind in Richtung serbischer Grenzkontrolle entlassen. Die Spannung steigt und auch dort finden wir eine Beamtin vor. Wir beobachten die Autos vor uns und alle haben eine Bescheinigung zur Hand. Wir geben ihr die Pässe und zeigen ihr sofort den digitalen Impfpass, welchen sie bei uns beiden auch sorgfältig prüft und für gut befindet. Juhu wir haben es geschafft und freuen uns wirklich sehr, in Serbien zu sein. Weitere 15 km bis zu unserem Ziel Врша dessen Namen wir wieder einmal weder lesen noch ausprechen können. Aber dies kennen wir ja bereits aus der Ukraine. Wir müssen ein wenig hin und her fahren, zwei Personen ansprechen, bis wir die richtige Adresse in Вршац – Vršac finden. Vor dem Haus angekommen kostet es ein wenig Überwindung um etwas Positives an den Haus und der Fassade zu finden. Ziemlich runtergekommen und wenig einladend sieht es von außen aus. Um es kurz zu machen, dass war eines der besten Appartments welches wir bisher hatten. Man kann sich gerne vom ersten Eindruck täuschen lassen! Campingplätze gibt es leider nicht mehr im Moment, allerdings sind die Unterkünfte auch nicht teurer als Camping, da haben wir es doch gerne bequem.

Klingel hinter Gitter???

Bereits seit einiger Zeit sehen wir zu unserer linken Seite am Horizont Berge auf uns zukommen. Zuerst schemenhaft und kurz vor Vršac dann auch deutlich erkennbar. Die Landschaft ist unglaublich schön denn wir können links den Gebiergszug bestaunen und finden zu unserer rechten Seite eine Tiefebene vor, die in eine unendliche Weite blicken lässt. Schnell lassen wir am Donnerstag, 09.09. die Stadt hinter uns und sind kurze Zeit später auf ruhigen Landstraßen unterwegs. Die Flächen sind mit Rebstöcken bepflanzt, serbisches Weinanbaugebiet! Wenn die Reben Wind mögen, dann ist das heute der beste Tag dafür, denn er bläst kräftig von vorne. Das wird zäh, denken wir noch, sind aber durch die tolle Landschaft und die kleinen Ortschaften, immer abgelenkt. Von weitem können wir bereits sehen, daß es einen Brand auf einer Weidefläche gibt. Natürlich müssen wir mitten durch den beißenden Rauch fahren. Das Feld und der Seitenstreifen der Straße brennt. Auf dem gegenüberliegenden Feld sind jedoch Landwirte beim Ernten und deshalb nehmen wir an, der Brand wurde absichtlich gelegt. Mutig bei dem Wind.

Die Dörfer in Serbien wirken diesseits der Donau oft verlassen. Viele verfallene Häuser und ein Gefühl, als ob viele Menschen Landflucht begehen. Was, ausser Landwirtschaft soll es in dieser abgeschieden Lage auch geben? Uns fällt auf, obwohl außerhalb der Ortschaften viel Müll liegt, in den Dörfern ist alles sehr ordentlich und gepflegt. Die Häuser sind wie bereits in Rumänien mit hohen Mauern und Toren verschlossen, was sich jedoch schlagartig auf der gegenüberliegenden Donauseite ändern wird. Die Donau haben wir bei Stara Palanca erreicht und warten ca eine Stunde auf die Fähre um nach Ram über zu setzen. Hier sind sie nun, die ersten Radreisenden seit Wochen. Norbert und Willy aus Deutschland. Sie fahren in Etappen bis nach Peking! Ausgebremst wie wir im letzten Jahr, wollten sie von Peking nach Hause radeln. Nachdem ja alle Planung durch Corona geplatzt sind, müssen Sie es nun in Etappen nachholen. Dieser Abschnitt geht von Bratislava nach Bukarest.  Die Fährfahrt dauert eine halbe Stunde und wir sind bestens unterhalten mit weiteren Mitfahrern, auf dem Rad, Motorrad oder Auto.

Alles ist anders auf der südlichen Seite der Donau. Die Häuser etwas moderner, keine hohen Mauern mit verschlossenen Toren. Hier sind wieder die Gärten zu sehen und alles blüht und grünt in den Vorgärten. Wir fragen uns weshalb sind die Unterschiede nur so deutlich zu ersehen? Was ist nördlich zu südlicher Donauseite anders entwickelt, bevölkert, bebaut worden? Vielleicht können es ja unsere Leser hier beantworten!

Nachdem wir einen kleinen Hügel erklommen haben, sehen wir ein riesigen Tagebau. Einige Kilometer später will unser Navi einen Schotterweg nehmen und wir stehen vor einer Schranke mit nettem Wärter. Er erklärt uns, wir dürfen passieren, er benötigt aber unsere Pässe um alles zu dokumentieren. Auf die Frage, weshalb wir hier kontrolliert werden, meinte er, wir durchfahren ein Industriegebiet. Wir nehmen an, es gehört zum vorherigen Bergwerk und wenn wir es richtig verstanden haben, wird Kohle abgebaut. Er öffnet uns freundlich die Schranke und wünscht in deutsch eine gute Reise. Die vier Kilometer im Sperrgebiet ist wie ein Museum mit verlassenen Kränen, Hütten, Fahrzeugen und eine Menge Metallschrott. Am Ausgang erwartet uns wieder eine Schranke mit Wärter und Waffe am Gürtel und dieser ist  „not amused “ über unsere Anwesenheit. Anfangs will er uns die Schranke nicht öffnen, sieht aber dann selbst ein, wenn er uns wieder zurück schickt wären wir ja noch länger im verbotenen Gebiet und öffnet widerwillig! Seine Waffe lässt er stecken, wieder mal Glück gehabt! Wir können weiterfahren und übernachten in Пожаревац – Požarevac. In unserer Unterkunft mit kleinen Garten und Terrasse, fallen uns die Trauben, Kiwis und Feigen direkt in den Mund. Wir sind im Süden angekommen.

Tagebau

Freitag 10.09. wird es ein klein wenig hügelig, dies soll der Vorgeschmack auf den Kosovo, Nordmazedonien und Albanien sein, wenn die richtigen Berge anstehen. Wird sich schon fahren lassen, denken wir als wir in einem kleinen Dorf plötzlich auf eine Schotterpiste abbiegen. Die asphaltierte Straßen auf der anderen Seite des Berges ist ja nicht allzu weit entfernt. Vielleicht drei Kilometer durch die Wildnis. Anfangs ist noch alles ok, schwieriger Schotter aber machbar, dann wird es unwegsam, ausgefahrene Sandpiste, die Sträucher wachsen immer mehr in den Weg, schieben ist einfacher als fahren. Die Dornen jagen ihre Stachel in unsere Waden und wir merken nach ca 600 Meter, das ist nicht der richtige Weg. Besser zurück und dort abbiegen, wo auch kein richtiger Weg zu sehen war. Die Piste wird selbst nach unten mit vielen Löchern nicht befahrbar. Irgendwie ist das doch alles nicht richtig, wir schieben rauf und runter, hin und her. Nachdem wir die Räder stehen lassen und verschiedene Wege zu Fuss ablaufen, kommen wir in fast jeder Richtung nicht weiter. Wir hören die Straße auf die wir müssen, sie ist nur 600 Meter entfernt, können sie aber nicht sehen. Ein letzter Versuch über eine Weide bringt uns auf die ersehnte Straße zurück. Uns läuft das Blut am Arm und Wade entlang, wir sehen wirklich maltretiert aus, die Dornen haben ganze Arbeit geleistet! Kurz vor der Straße kommen wir noch an einem Bauernhof vorbei, beide denken wir, hoffentlich ist keiner auf dem Weg, wir wollen das fragenden Gesicht „wo kommt denn ihr nun her“ nicht sehen und erklären könnten wir es auch nicht! Sofort checken wir auf dem Navi den weiteren Weg, dass bleibt ja wohl eine absolute Ausnahme. Im nächsten Dorf gönnen wir uns eine kleine Pause und kaufen uns kaltes Wasser zur Erholung. Es ist ziemlich heiß heute, endlich Sommer! Erneut biegen wir von der Straße ab, und ich werde schon leicht nervös. Uwe beruhigt mich in 800 Meter ist wieder guter Straßenbelag. Wir sollen einen Fluß überqueren und werden dies waghalsig über eine Brücke machen, welche bei uns bereits vor dreißig Jahren wegen Sicherheitsbedenken gesperrt worden wäre. Ca 300 Meter lang, teilweise mit morschen oder sogar fehlenden Bohlen belegt, biegt und knarrt die ganzen Konstruktion sich unter unserer Last. Die fehlenden Querbalken wurden zum Teil mit kleinen, am Rand vernagelten Längsbrettern, ersetzt. Tatsächlich sind wir uns nicht sicher, ob uns die Konstruktion noch tragen kann. Wir müssen mutig auswählen, auf welche Bohlen wir treten und welche wir besser nicht benutzen. Was für ein Tag, was für Geschichten wir aber auch immer zu erzählen haben. Es hört nicht auf spannend zu sein.

Verloren im Nirgendwo

Serbien gefällt uns bisher sehr gut und wir kommen aus dem Schwärmen nicht heraus. Hohe Berge um uns und immer wieder blicken wir von oben auf ein welliges, breites Tal in eine unendlich Weite, bis sich am Horizont die nächste Bergkette abzeichnet. Die Serben lächeln oder winken uns zu, fragen ob wir alles haben oder Wasser benötigen und wünschen uns eine gute Reise. Heute hat uns ein etwa 10 jähriger Junge angesprochen, David hat unsere deutsche Flagge gesehen und hatte so viele Fragen an uns. Er selbst lebte mit seiner Familie einige Zeit in Bochum und lernte dort deutsch in der Schule. Wir konnten ihm ansehen, dass er dies alles gar nicht begreifen konnte, wie man so einen langen Weg mit dem Rad zurück legen kann.

Sabine & David
In Јагодина/Jagodina
Kurze Begleitung!
Alter LKW umfunktioniert zum Bienenhotel!
Brennofen für Ziegelsteine

Bald sind wir am Mittelmeer zum Schwimmen!

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Rumänische Kreuzungen sind nicht spannender als andere!

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Gastfreundschaft in Serbien 🇷🇸 und Überraschungen im Kosovo 🇽🇰

  1. Hi both,
    Thanks for the detailed write up – really helpful to know about the Serbian border. We’re close to reaching it in the next 1-2 weeks (Vienna, currently) on our UK – Turkey tour and had the same questions with the 48hrs PCR. We can ride with more confidence now.
    Best of luck on your tour to the med, enjoy the swimming! Will keep an eye on further updates from you both.
    Dan and Melodie

    • Hi Melodie and Dan, nice to hear from you! Yes it was quite easy and hopefully for you too! Have a great trip to Turkey and enjoy the Balkan! Nice people, nice weather, nice landscape! 👍

  2. Heidi Woith-Zoschke

    hallo ihr beiden, das war ja eine abenteuerliche Etappe. Zu lesen ist es köstlich, aber das war glaube ich recht anstrengend. Hier ist kein Sommer, 17° in Ehestorf, brrr. Ich freue mich schon auf den nächsten Bericht mit vielen schönen Bildern. Bleibt weiter möglichst pannenfrei.
    Liebe Grüsse von Heidi

    • Hallo Heidi, das Abenteuer überwiegt dann doch vor der Anstrengung. Gerade heute hatten wir darüber gesprochen, dass die ersten Radwochen sich eher nach Radfahrt im Herbst anfühlte und wir nun im Sommer angekommen sind. Wir haben hier sehr angenehme Temperaturen, es ist warm aber nicht zu heiß zum radeln. Sonnige Grüße!

  3. Klaus Hofmann

    Teilweise abenteuerlich, spannend und sehr informativ geschrieben.
    Vielen Dank für die tollen Reiseberichte samt außergewöhnlich Fotos.

    Weiter so und noch viele schöne und spannende Erlebnisse.

    Klaus

    • Hallo Klaus, danke für die virtuelle Mitreise. Wir freuen uns immer sehr, wenn wir auch mal Kommentare und Rückmeldungen bekommen.

      Spannend bleibt es weiterhin, wir fahren morgen in den Kosovo und dann weiter in Richtung Nordmazedonien und Albanien. Sind selbst sehr gespannt auf die Länder! Grüße aus Куршумлија in Serbien!

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