In Coyhaique konnten wir fast alles erledigen was wir benötigten, in einer Stadt mit 50.000 Einwohnern ist vieles einfacher als in den Dörfern drumherum. Viele Städte gibt es nicht und deshalb müssen wir uns organisieren. Während Sabine die Zeit für einen Friseurbesuch nutzte, konnte ich mich um das knackende Innenlager an meinem Rad kümmern. Der Fahrradladen hatte eigentlich wegen Inventur geschlossen, man erlaubte mir jedoch alles Werkzeug zu benutzen und somit konnte ich die Arbeiten selbst ausführen. Unser arbeitsfreier Tag hatte auch durchwegs gutes Wetter und deshalb waren wir schon ein wenig enttäuscht, dass es einen kompletten Tag ohne Regen gibt und wir diesen nicht radelnd nutzen. Der Wetterbericht hatte uns getäuscht.
Pünktlich zur Weiterfahrt am 3. Januar hatten wir das Wetter wieder in gewohnter Manier, mit Regenschauern und für den Tag keine guten Aussichten. Der Vorschlag, einen Tag länger zu bleiben, wurde aufgrund der Vorhersage für den übernächsten Tag verworfen. Und das war auch gut so. Zweimal tropfnasse Schauer auf den ersten 45 km und den Rest des Tages hatten wir Zeit bei Sonne und Wind zu trocknen. Die Strecke bringt uns auf eine Höhe von 1100 Meter und lässt uns dabei ordentliche 1550hm auf 96 km sammeln, das ist auch der höchste Punkt der gesamten Carretera Austral. Wellig wird es sicherlich trotzdem bleiben. Wir bekamen heute wieder viel zu sehen, da wir nach all dem Regen am Morgen, dann blauen Himmel mit ein paar Wolken hatten und damit auch die Bergspitzen frei lagen.
Die kurze Abfahrt nach Villa Cerro Castillo führt uns über Serpentinen in ein Tal und beschert uns einen tollen „Wow-Effekt“. Ringsherum hohe Berge die teilweise mit Gletschern bedeckt sind. So auch der Berg, der dem Dorf den Namen gab, Cerro Castillo, und ein weites Tal mit Flusslauf. Das kann man nicht beschreiben, aber die Bilder hoffentlich!
Der Ausblick aus unserer Cabaña
Villa Cerro Castillo nach Bahia Murta – ‚Cycling In The Rain‘
4. Januar. Es ist erst 21.30 Uhr und wir liegen bereits erledigt im Bett. Uwe liest noch und ich schlafe gleich beim Schreiben ein. Es war ein anstrengender langer Radtag heute und ich hätte nicht gedacht, dass wir die Strecke – 100km Schotterstraße – schaffen könnten. Uwe ist immer optimistisch und muss mich mental mitziehen. Die ersten Kilometer waren aber auch ein Graus, neuer Belag von Grobschotter und nicht eingewalzt. Dann noch mit Anstieg, da bin ich schon mal schnell am Aufgeben. Uwe, sieht die Gegebenheiten immer realistischer und entgegnete “ keine Bange, die haben ja nicht 100km einen neuen Schotterbelag verlegt“. Damit lag er natürlich richtig. Das Wetter hatte sein übriges zur mentalen Schieflage beigetragen. Es begann am Vormittag zu Regnen und sollte bis zum Abend nicht mehr aufhören. Schade eigentlich, denn es gab wieder tolle Aussichten auf Täler, Flüsse und Berggipfel.
Und es gab Sekt zwischendurch! Eine 5 köpfige chilenische Reisegruppe, mittleren Alters, feierte wohl immer noch das neue Jahr, als sie uns überholten. Bereits aus dem Auto wurden wir Fotomotive und hinter der nächsten Kurve hielten sie sogar an, sprangen, mit einer Flasche Sekt in der Hand, aus dem Auto und hielten uns auf. Woher, wohin, alles mit dem Rad? Darauf gab es einen Sekt und kein Entkommen!
Ein wenig beängstigend sind die Autofahrer auf dieser Piste. Man könnte meinen es findet eine Rallye statt. Die Piste war nass, hatte zum Teil Wellblechbelag mit großen Schlaglöchern und ist seitlich zum Rand sehr abschüssig. Das scheint jedoch nur uns aufzufallen. Leider hatten wir dann auch ein total demolierten PickUp gesehen. Anscheinend hatte der Wagen sich kurz bevor wir ihn erreichten, überschlagen und war ein Wrack. Durch die zerbrochenen Scheiben konnten wir jedoch Bewegung erkennen und waren froh, das es dem Pärchen, zumindest für den Moment gut ging. Sie versicherten uns, es fehle ihnen nichts. Da etwas später ein Chilene an der Unfallstelle war, sind wir weiter gefahren. Kurze Zeit später fanden wir auch die ersehnte Unterkunft und konnten uns wieder aufwärmen. Die Besitzer, Susanne und Samuel, sind das Beste, was uns passieren konnte. Stellten gleich einen Wäscheständer neben den Ofen um unsere Sachen zu trocknen und brachten ein leckeres Essen samt Bier auf den Tisch. So satt, trocken, aufgewärmt aber sehr müde, geht’s uns gut.
Puerto Rio Tranquilo – Zuckerbrot und Peitsche!
Gab es gestern Weltuntergangsstimmung bezgl. des Dauerregens, scheint heute am 5. Januar die Sonne und bereitet uns einen traumhaften Tag. Immer dann, wenn die Gedanken dahingehen, in wärmere Gegenden zu fliehen, wird das Wetter besser und die Stimmung auch. Unser kurze Tour heute, gespickt mit zwei 18 % Steigungen, nach Puerto Rio Tranquilo führt am Lago General Carrera entlang, durch dessen Mitte die Grenze zu Argentinien verläuft. Das grandiose dabei ist, seine türkisblaue Farbe im Zusammenspiel mit den satt grünen Bergen und dem blauen Himmel, der wiederum mit ein paar Wolken bedeckt ist. Da ist der Gedanke zu fliehen, wieder im Nirvana verschwunden.
Allerdings habe ich, Sabine, durch Unachtsamkeit meine Regenhose verloren und das ist fatal, denn ohne weiter zu fahren ist völlig unmöglich! In unserer Unterkunft konnten wir Chilenen mit PickUp dazu überreden, mich ca. 5 km zurück bis zu der Stelle zu fahren, an der ich die Hose verloren hatte. Nichts! Unsere tolle Vermieterin ist mit mir durchs Dorf um evtl. eine Regenhose gebraucht zu finden, Nichts! Bestellen über Internet, nicht möglich da kein Netz verfügbar. Nun besorgt mir eine Freundin der Vermieterin in Coyhaique (200km nördlich) eine Regenhose und bringt sie morgen mit nach Puerto Rio Tranquilo! Alle Daumen gedrückt, dass es klappt✊✊✊✊. Was für tolle, liebenswerte Menschen es gibt, das können wir nur immer wieder betonen. Diese Hilfsbereitschaft überwältigt uns!
Buon Dia!
Hans Dieter Viebrock
Grandiose Bilder ,Danke das wir teilhaben dürfen.