cycling the world | Der Radreiseblog

Bilderbuch oder Filmkulisse? Kann uns mal jemand kneifen?

Endlich konnten wir den norwegischen Regen kennenlernen und wir müssen sagen, er wird nicht unser Freund. Ungemütlich und kalt! Nach einem Tag Pause sind wir dann doch weitergefahren und der Weg kam uns bereits auf Google Maps komisch vor. In den Ort Flo führte zwar eine Straße, aber es ist eine Sackgasse und von dort sollten wir einen Weg nehmen, der uns über den Berg ins nächste Tal führen sollte. Hoffnungsvoll, eine kleine Teerstrasse dort vorzufinden, fuhren wir los. Unsere Hoffnungen haben sich nicht erfüllt, denn wir standen vor einem ziemlich steilen Wirtschaftsweg mit Geröll und einem Schild „Durchfahrt verboten“. Was sollen wir tun? Zurück und einen anderen Weg nehmen wäre ein riesiger Umweg und wir hätten noch mehr Höhenmeter zu bewältigen. Kurzerhand frage ich eine Anwohnerin ob wir den Weg nehmen dürfen. Selbstverständlich meinte sie, aber habt ihr e-Bikes und sehr wenig Gepäck? Beides verneinen wir lächelnd. Sie würde uns bewundern aber keinesfalls beneiden und erklärt uns noch ein paar Details zum Weg. Es wird steil werden und in ca. 3 km hätten wir die Spitze erreicht, sollte die Wolkendecke aufreißen, hätten wir einen tollen Blick auf den gegenüberliegenden Gletscher. Na, dann mal los und schieben, denn an Fahren ist überhaupt nicht zu denken. Gerade einmal 100 Meter kann jeder von uns sein Rad noch alleine schieben, danach wird es so steil, sodass wir zu zweit jeweils ein Rad hoch schieben, umkehren und das zweite Rad holen. So verfahren wir über 3 km und wir benötigen tatsächlich 2 Stunden dafür. Es ist eine Schinderei über losen Schotter, Geröll und rutschige Felsplatten und wir können uns glücklich schätzen, das zumindest der Regen stoppte. Nass sind wir trotzdem, vor allen unsere Schuhe, denn wir müssen zu allem Übel auch noch durch einen kleinen Fluss. Die Arme werden lahm, die Beine schmerzen aber irgendwann sind wir dann oben. Wir freuen uns auf 17 km Abfahrt, aber der Untergrund bleibt gleich und selbst abwärts müssen wir zum Teil schieben. Als wir oberhalb eines türkisblauen Sees entlangradeln, ist es nur noch ein etwa 50cm breiter Wanderweg der uns zur Verfügung steht, linksseitig geht es steil bergab. Es ist mal wieder  „Abenteuerzeit“ mit grandioser Aussicht, obwohl wolkenverhangen. Am Ende des Tages sind es nur 40km aber die haben uns über sechs Stunden beschäftigt. Obwohl der Tag an Platz 2 unserer anstrengensten Tage auf all unseren Reisen landet, war es ein toller Tag und zur Belohnung fahren wir in den nächsten Ort und gönnen uns zwei Bier. Wir sind am berühmten Geiranger Fjord angekommen.

Achtung rutschig ⚠️
G E S C H A F F T ! ! !
Geirangerfjord
Einer von tausenden von Zuflüssen der Fjorde

Jede Anstrengung hat auch seine Vorteile, denn am nächsten Tag dürfen wir über die Straße 655 durch ein Tal fahren, welches wir ohne diese Schiebeaktion nie gesehen hätten und wir sind fast alleine unterwegs. Obwohl es wirklich kalt ist und wir zum ersten Mal auf unserer Reise, den Zwiebellock mit vier Lagen testen müssen, halten wir unentwegt an und Staunen, Staunen, Staunen! Leider wussten wir zu der Zeit noch nicht, dass wir im nächsten Ort zwangspausieren müssen, denn sonst hätten wir uns noch mehr Zeit genommen. Unser Plan sah vor, nach ca 70 km in Ålesund anzukommen. Dazwischen lagen drei Fährfahrten und der nette Norweger auf der ersten Überfahrt erklärte uns, dass die nächste Fähre immer fährt, ausser Mittwochs! Heute ist natürlich Mittwoch! Na gut, dann gehen wir eben auf den Campingplatz in Sæbø und es geht erst am Donnerstag weiter. 🇳🇴 Ikke noe problem!

Von Hellesylt über die Straße 655 nach Sæbo! Sehr empfehlenswert!
Hjørundfjord bei Sæbø

Pünktlich zur Abfahrt stehen wir am Fähranleger und haben plötzlich 4 weitere Radfahrer neben uns, zwei Australier, einen Südafrikaner und eine Schweizerin. Tagelang keine Radfahrer und auf einen Schlag vier, allerdings in südliche Richtung unterwegs. Bis kurz vor Ålesund sind wir mal wieder fast alleine auf einer Nebenstraße unterwegs. Langsam kommen wir nach etwa 20km in den Bezirk Ålesund und der Verkehr nimmt zu, wir haben aber einen Radweg zur Verfügung und deshalb stört es uns nicht so sehr. Das Profil sieht auf unserem Navi zwar flach aus, aber dennoch ist es ein welliges Auf und Ab, was auch müde machen kann. Ålesund durchfahren wir mit dem Rad und sind kurze Zeit später bereits an der nächsten Fähre nach Hamnsund. Wir sind am Atlantischen Ozean angekommen und folgen nun weiter der Küste in Richtung Trondheim. Ab jetzt sind wir auf dem Eurovelo 1 und machen Inselhopping. Heute hatten wir bereits vier Fähren genommen.

Die Umgebung ändert sich zusehends, die schroffen, kantig und steil emporragenden Bergzüge und engen Schluchten, sind einer sanfteren und weiteren Landschaft gewichen!

Ålesund

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Norwegen verlangt uns viel ab!

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Wie 007,  Dorsch und Tageslicht uns glücklich machen!

  1. Dirk

    Mensch, der Weg erinnert mich mal wieder sehr an unsere „Abkürzung“ in Schottland und die Quälerei über Steine und durch Wasser. Schön war es hinterher trotzdem, auch wenn wir im Pub nur noch 2 Tüten Chips bekommen haben.
    Norwegen steht definitiv auf der bucket list.

    • Oh wir können uns noch gut daran erinnern, als wir in Pup auf euch gewartet haben und ihr in Dunkelheit angekommen seid.

      • Karin

        Moin Moin hoch in den Norden, lieben Dank für euren Bericht, Eindrücke mit tollen Fotos. Wenn ich so ein Stolper-Rutsch-Fahrradweg vor mir habe, wäre ich mit meinen gepackten Esel zurück gefahren. Ich bewundere euch, dass ihr so mutig seid und das ihr alles gut gemeistert habt.
        Norwegen ist nicht nur ein Abenteuer -Land mit sehr vielen schönen, genialen, regnerischen, sonnigen, nebligen, trüben, klaren Aussichten. Eine sagenhaftes tolles Land. Passt auf euch auf und ich wünsche euch noch viele tolle Erlebnisse.
        L. G. aus Hamburg ❣️ 🚲💖🌞👍

  2. Elke und Thomas H.

    Solche Etappen, wie ihr sie beschrieben habt, sind das Salz in der Suppe bei Radreisen. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie Elke fluchen und schimpfen würde, welche blöde Route ich wieder ausgesucht habe. Aber am Ende wären wir glücklich und stolz wie Oskar, wenn den Geirangerfjord erreicht hätten.

    • Nachdem wir vorher die Route gecheckt hatten, hatten wir schon leichte Befürchtung, aber dasselbe dann so heftig werden würde, ahnt man ja zum Glück vorher nicht.

    • Karin St.

      Moin Moin hoch in den Norden, lieben Dank für euren Bericht, Eindrücke mit tollen Fotos. Wenn ich so ein Stolper-Rutsch-Fahrradweg vor mir habe, wäre ich mit meinen gepackten Esel zurück gefahren. Ich bewundere euch, dass ihr so mutig seid und das ihr alles gut gemeistert habt.
      Norwegen ist nicht nur ein Abenteuer -Land mit sehr vielen schönen, genialen, regnerischen, sonnigen, nebligen, trüben, klaren Aussichten. Eine sagenhaftes tolles Land. Passt auf euch auf und ich wünsche euch noch viele tolle Erlebnisse.
      L. G. aus Hamburg ❣️ 🚲💖🌞👍

      • Hallo Karin, ich hoffe, nun hat alles geklappt mit der Anmeldung! Viele Grüße nach HH, Sabine und Uwe

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